It's the Eco-System, Stupid!

Erst im April hatte Apple verkündet, 1 Milliarde Downlaods aus dem iTunes App Store erreicht zu haben. Nun, gerade 3 Monate später kommt die neue Erfolgsmeldung: 1, 5 Milliarden Downloads bei inzwischen 65.000 verfügbaren Mobile Apps! Wer sich darob verwundert die Augen reibt, hat nichts von der Dynamik des Mobilen Web verstanden.

Jahrelang schlummerte die mobile Variante des Web einen Dornröschenschlaf in der Nerd-Ecke: Mit ein paar Klimmzügen und etwas technischem Grundwissen war das Web zwar auch von einigen "smarten" Handys aus zu erreichen, doch scheinbar weder attraktiv noch besonders begehrenswert.

Einige Apologeten, Verzeihung: "Evangelisten", wurden zwar nicht müde, das mobile Web als "the next big thing" zu verkünden, allein es wollte sich nicht dazu fort entwickeln. Und weder die Hersteller mobiler Endgeräte noch gar die Mobilfunk-Provider wussten sich einen Reim darauf zu machen. Mit jeweils (markt-) standortspezifischem Tunnelblick gesegnet, starrten sie entweder auf immer neue Hardware oder auf die geliebten, margenträchtigen Minutenpreise der Mobilfunk-Welt, und wurden nicht müde zu versichern, dass diese sich nicht mit der Internet-Welt vergleichen ließe.

Bis Apple mit dem iPhone auf den Plan trat. Zunächst also ebenfalls mit neuer, schnieker Hardware. Doch hatte man im Apple Haedquarter in Cupertino die Zeichen der Zeit längst verstanden: Reichlich Erfahrungen mit der mühelosen (!) Integration des Internet in die "User-Experience" der Mac-Nutzer, wie mit der Integration von iTunes nebst Store in Macs und iPods gesammelt. Bahnbrechend war dabei, die Software zur Organisation der Musik auf dem Rechner und dem iPod mit der Einkaufsfunktion im iTunes-Store versehen zu haben: Wer auch immer in seiner Musik-Sammlung oder bei der Zusammenstellung einer persönlichen Playlist eine schmerzhafte Lücke in seinem Archiv entdeckte, für den war die Füllung der Lücke per bequemen Online-Einkauf des Tracks im Moment der Begierde nur einen Mausklick entfernt.

So entwickelte sich der iTunes-Store binnen kurzer Zeit von einem für Apple nicht sehr lukrativen Service-Angebot zu einem der wichtigen Umsatzträger des Konzerns. Trotz allen Geredes, dass eine neue Generation von Internet-Nutzern Musik generell nicht mehr bezahlen, sondern nur noch kostenlos tauschen wolle. Und trotz des zumindest anfangs erbitterten Widerstands der Musik-Industrie, die ob der Einheitspreise im iTunes-Store die gewohnten Margen abhanden kommen sah. Und ganz und gar nicht begriff, was hier gerade vor ihren Augen entstand: ein neues, digitales "Öko-System" zur Nutzung und zum Vertrieb von digitaler Musik.

Und in eben dieser (Betriebs-)Blindheit glich die Musik- der Mobilfunk-Industrie. Auch hier musste der Branchen-Neuling Apple den gestandenen Playern von Nokia bis T-Mobile erst zeigen, wie man aus einem schicken Stück Hardware ein cooles Instrument zur Erledigung der persönlichen Kommunikations- und Unterhaltungsbedürfnisse macht: etwas, das die PC-Industrie längst wusste: Mittels cooler Software, nützlichen Applikationen, auf die der User weder verzichten will noch (nach kurzer Gewöhnungszeit) kann.

Und genau darauf war das iPhone und insbesondere sein Management mittels iTunes von Anfang an konzipiert: wie vorher schon der iPod sollte nun auch das iPhone in Verbindung mit der iTunes-Software zum Kern eines digitalen Öko-Systems werden, von dem Apple wie die Nutzer und insbesondere auch die Entwickler der Apps mit einander (und von von einander!) gleichermaßen profitieren.

Das haben die iPhone-Entwickler und -Nutzer längst verstanden und damit eigentlich für die Apple-Erfolgsmeldung in Sachen App Store gesorgt. Während Apples Wettbewerber und Mobilfunk-Partner noch versuchen die Lektion wirklich zu begreifen. Dabei sollten sie sich 2 Fragen stellen, deren Beantwortung zwar nicht leicht, doch lohnend sein könnte:

1.: Wie baut man auf einer Vielzahl von kostenlosen Applikationen ein Geschäftsmodell zum für alle Beteiligten profitablen Vertrieb von digitalen "Programmen" (also: Software UND Inhalte!) auf?
2.: Wie konnte es geschehen, dass mit dem iPod und dem iPhone erstmals ein Stück Hardware zur zentralen Lifestyle-Ikone der Unterhaltungs- bzw. der Telekommunikations-Industrie werden konnte?

No ideea? Tipp: Nochmal den Titel lesen!

2 Kommentare

# Ralf S. | 15.07.09

Netter/böser "Aufhänger" sehr schön auf den Punkt gebracht.
"Es" ist halt systemisch, einfach und funktioniert für den geneigten Nutzer/Kunden ohne Hürden oder Probleme.
"New" worldly wisdom: Flawless system ecology has indeed a remarkable economic impact...
Ralf

# Andreas | 17.07.09

Ich habe mir erlaubt, diesen wirklich sehr guten Beitrag mal in meinem MACazin zu empfehlen, denn er ist lesenswert!
Gruss
Andreas

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