"Microhoo" vs. "Goopple" - Das ist Geschichte!

Was sich vor kurzem noch als zumindest gedankenspielerisch interessante Perspektive einer zu erwartenden Konsolidierung in der IT- und Internet-Industrie anbot, ist inzwischen nur noch Makkulatur. Schnee von gestern. Denn seit gestern gehört Eric Schmitt, CEO von Google, auch offiziell nicht mehr dem Apple-Verwaltungsrat an. Anlass zum Nachdenken über die Zukunft einer bewegten Branche.

Wettbewerb, so haben wir alle gelernt, belebt zunächst das Geschäft und führt in der Konsequenz zu dem, was wir heute verschämt "Konsolidierung" nennen, oder wie man früher einmal sagte: zu Konzentration wenn nicht gar Monopolisierung eines Marktes. Genau so, wie es zuletzt geradezu lehrbuchhaft beim, inzwischen zwar eingeschränkten, aber immer noch entlang der traditionellen Bahnen des Denkens und Handelns am Markt verlaufenden und unter größten Schwierigkeiten zu Stande gekommenen Deal zwischen Microsoft und Yahoo zu beobachten war. Insofern war und ist dieser Deal nichts anderes als die auf das "Machbare" reduzierte Konsequenz einer von Übernahme-Phantasien und traditionellen Bewertungen geprägten Vergangenheit.

Ganz anders als die aktuelle Fehde zwischen Apple und Google - auch jenseits der beiden "Super-Egos" Jobs und Schmitt: Das (inzwischen gestörte) Verhältnis der beiden verweist auf die Zukunft. Auf eine Zukunft, die sich noch weit weniger übersichtlich und damit auch prognostozierbar darstellt als wir alle das gewohnt sind.

Noch vor gut 3 Jahren, als Schmitt 2006 in den Apple-Verwaltungsrat berufen wurde, sah das alles ganz anders aus. Apple war ein (wieder) hipper und zudem erfolgreich operierender IT-Konzern mit Wurzeln und Schwerpunkt in der Hardware (Macs) und, ebenfalls von Hardware (iPod) geprägten Ambitionen in der Lifestyle-Industrie. Das iPhone war nichts weiter als eine Vision. Gut, dazu gab es auch noch ein modernes Betriebssystem (OS X) und eine revolutionäre Software (iTunes), die nicht nur die Verwaltung, sondern vollständig integriert auch den Online-Einkauf von Musik erlaubte. Aber beides diente primär dazu, die Apple-Hardware für potentielle Kunden attraktiver zu machen und von den Angeboten der Konkurrenz zu differenzieren. Nicht mehr und nicht weniger.

Google dagegen war ein lupenreines Internet-Unternehmen. Und zwar das allemal erfolgreichste Internet-Unternehmen. Ein Unternehmen, das erkannt hatte, das sich eine revolutionäre Technologie und eine "disruptive" Strategie durchaus profitabel mit einem herkömmlichen Geschäftsmodell verbinden lassen. Ja, dass einem "angestaubten" Geschäftsmodell, wie der aus dem kommerziellen Fernsehen bekannten Werbefinanzierung der Inhalte, durch die Kombination mit neuen Technologien und den sich daraus ergebenden Möglichkeiten für die Nutzer, sogar neue Dynamik eingehaucht werden kann. Investitionen in Hardware und die Entwicklung der Software dienten allein dazu, die Google-Suche im Web für die Nutzer und damit auch für die Werbe-Kunden attraktiver zu machen und den Marktanteil von Google zu steigern. Beides war kein Geschäftszweck, sondern ein Kostenfaktor.

Eines der beiden Unternehmen verkaufte also Hardware, das andere Werbung im Web. Beide taten das erfolgreich, aber ohne wesentliche Berührungspunkte oder gar im Wettbewerb mit einander. Das war vor gerade einmal 3 Jahren. Und heute? Stehen wir vor einer grundsätzlich anderen Situation.

Heute geht es um die Entwicklung digitaler "Öko-Systeme". Und die funktionieren grundsätzlich anders als die "Märkte" der Vergangenheit. In einem solchen Öko-System stehen sich Kunden und Anbieter, Partner und Wettbewerber, Nutzer und Entwickler in immer neuen, schnell wechselnden Rollen und Funktionen gegenüber um in einen wie auch immer gearteten Austausch mit einander zu treten. Nicht mehr ein Produkt ist für Erfolg oder Misserfolg entscheidend, sondern das produktive Zusammenspiel der in diesem System agierenden "Komponenten": Entwickler und Unternehmen, Hardware und Software, Nutzwert und Erweiterungspotenziale. Und über allem: Der Nutzer! Weinger zahlender Kunde als viel mehr loyaler Fan, bestens informierter Kritiker und selbstbewusster Anwender. Ihn gilt es zu gewinnen, weil er derjenige ist, der allein dazu in der Lage ist, das Öko-System mit Leben zu erfüllen, also seinen Erfolg zu sichern.

Am Ende ist in diesem Szenario nicht der erfolgreich, der über das "bessere" (Kern-) Produkt verfügt, sondern derjenige, der näher am Nutzer ist, der seine Bedürfnisse am besten kennt, der ihm am meisten zu bieten hat, der seine Wünsche und Vorstellungen erfüllt und sie weiter entwickelt noch bevor er sie selbst formulieren kann. Und genau das müssen Apple und Google, von unterschiedlichen Ausgangspositionen kommend heute täglich versuchen. In immer mehr, sich immer deutlicher auf einander zu bewegenden und überschneidenden, also: konvergierenden Gebieten. Ob es dabei um die Auffindbarkeit von Inhalten und Produkten geht, oder um Produktivitäts- und Unterhaltungsangebote, um Kommunikations- und Betriebssysteme von Computern und Handys und last but not least um genau die Anwendungen (früher: "Programme", heute: "Apps"), die dem allem erst das zeitgemäße, also vernetzte "Leben einhauchen".

Und um genau das realisieren und gewährleisten zu können, wandern immer mehr Anteile dieser digitalen Öko-Systeme vom Schreibtisch-PC des Nutzers in die "Cloud", also in die Wolke, die inzwischen zum Synonym für das globale Internet geworden ist. Und dort warten bereits eine ganze Reihe anderer Akteure: von Amazon bis Salesforce.com, von IBM bis Cisco, von Facebook bis Twitter. Also ganz Große und ganz Neue, solche mit eher traditionellem und solche mit noch gar keinem Geschäftsmodell. Aber sie alle haben ein Ziel: "Ihr" digitales Öko-System zu dem für die meisten Nutzer attraktivsten zu machen. Es wird noch spannend sein, zu beobachten, welche sich davon schließlich erfolgreich durchsetzen werden.

1 Kommentar

# funtoosh | 4.08.09

… beim (apple-afiçionado) john gruber gibt’s noch einen langen beitrag zum "allmählichen niedergang" von microsoft:
http://daringfireball.net/2009/07/microsofts_long_slow_decline

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