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* 16.08.1954 - † 25.09.2014 »

13.11.14 um 13:44 von ossiu

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»Du warst ein Fels in der Brandung.«
(Annika Linnea)

Wir haben in Liebe und Freundschaft von Dir Abschied genommen.

Deine Familie, Deine Freundinnen und Freunde.

Im Oktober 2014

Happy Birthday, World Wide Web! »

12.03.14 um 12:40 von ossiu

Vor 25 Jahren war es soweit: Auch Otto-Normal-Nutzer konnte das Internet in Form des Web nutzen. Dazu ein Interview mit Tim Berners-Lee:
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/tim-berners-lee-ueber-das-internet-und-25-jahre-www-a-957978.html

Neues zur Digitalen Aufklärung »

Sybille Nottebohm von der Econ Referentenagentur hat einen Blogpost zur Vorstellung unseres Buches in München geschrieben. Ein sehr lesenswertes Stück:

http://www.econ-referenten.de/blog/2013/10/digitale-aufklaerung-tim-cole-ossi-urchs/

Und dann gab es gestern Abend auch noch eine recht muntere Talk-Show mit Tim und mir zum Thema "Digitale Aufklärung". Der engagierte Gunnar Sohn moderierte, witzig und ausgesprochen gut vorbereitet, so dass unser Gespräch zum reinen Vergnügen wurde. Vervollständigt wurde die Runde durch Hannes Schleeh von Bloggercamp.tv

Sacred Speech - die Heilige Rede »

26.10.13 um 15:38 von ossiu

ich habe versucht, den Text, mit dem Baba Rampuriji die Seite zur Unterstützung und zur Diskussion um sein neues Buch begonnen hat, hier ins Deutsche zu übersetzen, um sein Anliegen verständlicher zu machen:

The Matrix of Sacred Speech - Empowering the Spiritual Mind

Die Mutter der Heiligen Rede - Kräftigung des Spirituellen Geistes

Baba Rampuri

Die Schwierigkeiten bei der Übersetzung dieses Textes und des kommenden Buches von Baba Rampuri beginnen schon beim zweiten Wort der Überschrift: „Matrix" ...

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Eine richtige Rezension ... »

... wird das nicht, schrieb einleitend zu seinem Text über das neue Buch von Tim Cole und mir "Digitale Aufklärung - Warum uns das Internet klüger macht", mein Namensvetter Max Urchs (weder verwand noch verschwägert), hauptamtlich Philosoph unter anderem an der EBS (European Business School) in Wiesbaden. Und nachfolgend kommt hier der Rest von seinem Lied:

Ihr habt ein wunderbares Buch
geschrieben, es liest sich runter wie ein Krimi und
hinterher schwirrt einem der Kopf von den vielen neuen
Ideen, die man beim Lesen aufgeschnappt hat. Ich bin froh,
Dich zu kennen, sonst hätte ich das Buch vielleicht erst
viel später gefunden. Also nochmal: Gratulation, toll
gemacht.

Ich merke schon, so geht es nun auch nicht. Stimmt zwar
alles, was ich geschrieben habe. Nur wird es dem Buch
nicht gerecht. Es ist ja kein Krimi. Es ist ein
philosophisches Buch. So habe ich es dem Frankfurter
Buchhändler gesagt, der es bei "Ratgeber in Rechtsfragen"
eingeordnet hatte.

Das ist der erste Punkt: Wie erreicht ihr die Zielgruppe
und -- wer ist die Zielgruppe? Ein gut geschriebenes und
sorgfältig editiertes Buch (da hat sich der Verlag richtig
reingehängt), für das man auch noch bezahlen soll, das
wirkt bei dem Thema fast paradox. Aber gut, der Wegweiser
muss bekanntlich nicht vorangehen. Ich hab es meinen
Studenten ans Herz gelegt. Sie sind lieb und werden es
kaufen. Aber die meisten Kids werden sich fragen, warum
sie sich wohl von zwei Opis ihre Welt erklären lassen
sollen. (Opa Max denkt natürlich trotzdem darüber nach,
wie man das Buch für ein Seminar nutzen könnte. Dazu
später mal mehr.)

Also Zielgruppe gebildeter Mittelstand. Dann passt alles,
hier wird das Buch einschlagen. Wenngleich vielleicht
nicht so schnell wie erwartet. Was der Sascha Lobo jetzt
auf Spiegel online zur Quasiprivatheit des Netzes
verfasst, das ist einfach nur ärgerlich, wenn man dazu
Euere Überlegungen gelesen hat.

Die Gedankenfülle ist umwerfend. "Die Upanishaden handeln
insofern auch von den Bedingungen der Möglichkeit
vernetzter Informationsverarbeitung." Drei Kulturen in
einem kurzen Satz -- wow! Dabei, grosses Kompliment, hat
man nie den Eindruck, ihr würdet über den Text
hinschludern. Ausnahme (aus meiner Sicht) sind die kurzen
Bemerkungen zum Entscheidungsproblem. Das ist schweres
Zeug, aber man kann es klarer schreiben. Auch die offenbar
zentrale "Lehre der Spinne" könnte noch etwas
verständlicher rüberkommen.

Hochinteressant die Gedanken zur Zukunft der Demokratie.
Und mir aus dem Herzen gesprochen. Gauck und Co hätten
mich mit ihrem angstvollen Gelaber fast erstmalig zum
Nichtwähler gemacht. Zukunft der Politik, Zukunft der
Arbeit, Rolle des Staates -- Euer Text gehört zum Besten,
was ich seit langem gelesen habe. Ein beneidenswertes
Talent, klar zu denken und klar, dazu noch witzig, zu
schreiben.

Man nimmt praktische Anregungen mit. (Bei mir z.B.: social
media guidelines für Uni machen, wie soll man mit
Plagiatsjägern umgehen, was wird aus eLearning, mal wieder
bei twitter vorbeischauen und endlich lernen, wie man Ossi
diesen Text per facebook schickt.)

Andere Sachen brauchen tieferes Nachdenken. Geradezu
augenöffend die Bemerkungen zu Universalität und
Menschenrechten. Da muß ich weiter nachedenken. Auch
darüber, wie Institutionen als Teile sozialer Netzwerke
funktionieren. Nämlich offenbar schlecht. Wir mühen uns
als EBS seit langem erfolglos. Selbst die Stars (e.g. Harvard
Business School mit Millionenetat hat weniger followers
als ein mittelguter blogger). Fehlt Institutionen
vielleicht irgendwas?

Was fehlt mir? Viel mehr vom letzten Teil. Ihr seid auf
dem richtigen Weg: was wir brauchen ist eine Sprache für
die neue Welt, die uns Orientierung und Sicherheit für das
Leben in jenen unbekannten Gebiete gibt. Wir sind zögernd
oder auch frohlockend auf dem Weg. Ihr beiden seid weit
voraus, umgeben von lärmenden Kids. Aber denen fehlt das
Handwerkszeug des Humanisten, von denen wird keine grosse
Hilfe kommen, wenn es um sprachlich-kulturelle Kontinuität
geht. Ihr habt alles Recht stolz zu sein, auf das Buch.
Aber ich habe den Eindruck, die Arbeit muß weitergehen.

Einverstanden: Selbst Denken ist gefordert. Aber es geht
nicht um eigenbrötlerisches Sinnieren. Es geht um den
gesellschaftlichen Diskurs. Den müsst ihr mit weiterer
Pionierarbeit an den Begriffen befördern helfen.

Danke für die Rezension, Max!

(Mehr als) Eine Laudatio »

In den letzten Woche habe ich an dieser Stelle die 10 zentralen Thesen des Buches von Tim Cole und mir "Digitale Aufklärung - Warum uns das Internet klüger macht" veröffentlicht. Am Montag fand nun im Münchner Presseclub die Vorstellung unseres Buches statt. Dabei hielt Michael Kausch die Laudatio, die mir so gelungen und denkwürdig scheint, dass ich hier anstatt einer Zusammenfassung der vorhergehenden Artikel einfach auf diesen wunderbaren Beitrag, den Michael auf Czyslansky.net veröffentlicht hat verweisen möchte: Die Laudatio.

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Danke, Michael!

Warum wir eine digitale Aufklärung brauchen »

Aus dem bislang Beschriebenen, aus den Thesen selbst wie aus deren Begründung, ergibt sich die Notwendigkeit einer neuen Aufklärung im Zeichen von Digitalisierung und globaler Vernetzung. Wie schon bei der ursprünglichen, bürgerlichen Aufklärung ergibt sich deren Notwendigkeit aus der Entwicklung der gesellschaftlichen Bedingungen.

Im Gefolge der klassischen Aufklärung, die nicht ohne Grund im Englischen als "Enlightenment", also "Erleuchtung" bezeichnet wird, wurden in Europa aristokratische Regimes überwunden, Städte aus den Fesseln von Standesdünkel und Zunftherrschaft befreit und menschliche Freiheits- und andere Grundrechte erstmals kategorisch formuliert. Der damit einhergehende Aufschwung war nicht nur geistiger, sondern insbesondere gesellschaftlicher und nicht zuletzt wirtschaftlicher Natur.

Heute brauchen wir wieder eine Aufklärung, also den Mut und die Fähigkeit, Digitalisierung und Vernetzung "selbst zu denken", um sie schließlich ihrem Potenzial entsprechend wirklich produktiv werden zu lassen:

These 10:
Wir brauchen eine „digitale Aufklärung": neu und selbst gedachte Kategorien, die allein dieser grundsätzlich veränderten Welt gerecht werden können. Nur damit können wir diese Welt kritisch reflektieren und produktiv nutzen.

In einer ähnlichen Situation des fundamentalen Wandels befand sich die Menschheit schon einmal gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Erstarrte gesellschaftliche und wirtschaftliche Verhältnisse wurden über den Haufen geworfen. Das zwischen klassischer Logik und mittelalterlicher Scholastik gefangene Denken war hoffnungslos überfordert angesichts der gewaltigen Dynamik der Veränderungen. Angesichts dieses klassischen Dilemmas bestand Immanuel Kants Antwort in seiner Maxime: „Jederzeit selbst zu denken, ist die Aufklärung." Vor der gleichen Aufgabe stehen wir heute angesichts der digitalen Aufklärung.

Aufklärung und kritischer Diskurs darüber, was Digitalisierung und Vernetzung wirklich bedeuten, gesellschaftlich, wirtschaftlich und kulturell, ist heute notwendiger denn je. Allein es fehlen die dafür notwendigen Kategorien und Parameter. Denn der Traum der Vernunft ist inzwischen ebenso ausgeträumt wie der der Politischen Ökonomie und der Psycho-Analyse. Sie alle mögen uns einzelne und als solche durchaus taugliche Werkzeuge liefern, wie im übrigen auch Mathematik und Informatik, Medien- und Kommunikationstheorie, Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften; zur Orientierung, gar als Maßstab oder Stütze auf dem Weg in die neue, digitale Wirklichkeit sind sie alle nicht mehr zu gebrauchen.

Entwickeln können wir eine solche Neu-Orientierung nur, indem wir uns den neuen, digitalen Anforderungen stellen, hellwach ihre Differenz zu den uns bekannten Realitäten anerkennen und unterwegs keine Mühen und Rückschläge scheuen. Der Weg in die vor uns liegende Zukunft ist noch lang. Kompass und Karten gibt es hier nicht. Wir müssen die digital vernetzte Welt neu vermessen.

Buchcover: Digitale Aufklärung - Warum uns das Internet klüger macht, von Ossi Urchs & Tim Cole

Neue Begriffe braucht der vernetzte Mensch! »

Nach dem sich bereits zu unserer letzten These, nach der das menschliche Denken zunehmend vernetzt und digital funktioniert, eine lebhafte Diskussion entwickelte, besteht ja noch Hoffnung auf eine Wiederbelebung der Diskurs-Kultur in diesem Land. Wurde die Neuland-Kanzlerin bei den Wahlen noch beinah kommentarlos durch gewunken und zur nächsten Runde ihres Regierunspokers mit häufig wechselnden Spielpartern getragen, wollte bei mir das Prinzip Hoffnung schon ausführlich Pause machen. Aber nichts dergleichen scheint angebracht, angesichts immer neuer Mitglieder im Chor der Rufer nach einer neuen Aufklärung - von Heiner Geissler bis Sascha Lobo.

Allerdings dringen sie alle in ihren Forderungen und Überlegungen nicht zu einem, gerade in diesem Zusammenhang wesentlichen Punkt vor: Ein neues, digital aufgeklärtes Denken, verlangt nicht nur den Mut, selbst zu denken, es verlangt vor allem auch eine entsprechende, neue Begrifflichkeit, Kategorien, die es uns erlauben, das Neue auch wirklich als solches zu fassen und zu verstehen. Es geht hier überhaupt nicht darum, sich Neologismen auszudenken, im Gegenteil besteht die Aufgabe hier darin durchaus bekannte Kategorien mit neuen, den veränderten Bedingungen entsprechenden, Bedeutungen und Zusammenhängen anzureichern, wollen wir nicht hoffnungslos der Gegenwart gedanklich hinter hinken, um schließlich ins intellektuelle Niemandsland zu entschwinden.

These 9: Begriffe und Erfahrungen aus der analogen Vergangenheit werden dieser, sich dynamisch weiter entwickelnden Gegenwart immer weniger gerecht. Sie wirken in der aktuellen Debatte ebenso naiv wie unpassend oder überheblich. In jedem Fall aber hilflos.

Und noch eine Schwierigkeit gilt es zu meistern, die insbesondere in der aktuellen Debatte um das Internet immer deutlicher zum Vorschein kommt: Wir sind kulturell und sprachlich auf das, was wir heute erleben, in keiner Weise vorbereitet. Begriffe und Vorstellungen der Vergangenheit wirken angesichts der uns heute so eindrücklich begegnenden Veränderungen seltsam unpassend, ja antiquiert.

Wer sich heute noch einmal der Mühe unterzieht, die großen Medien- und Technologiedebatten nachzulesen, die zwischen den 60er und den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts ausgetragen wurden, wird schnell bemerken, wie unzeitgemäß sie uns inzwischen erscheinen. Die „Aufreger" von damals, ob Privatfernsehen oder Volkszählung, entlocken uns heute nicht einmal mehr ein Gähnen. Neue Medien sind heute nicht mehr neu, sondern Schnee von gestern, und für Datenschutz muss heute im Zeitalter von NSA und WikiLeaks jeder selbst sorgen, will man nicht ganz freiwillig darauf verzichten.

Wer das Internet gar, wie Jaron Lanier, für „Maoismus" hält und sich von der Informationsflut überfordert fühlt, wie Frank Schirrmacher, wirkt heute nicht einmal mehr naiv, sondern allenfalls hilflos.


Wir alle denken vernetzt (und zunehmend) digital »

2.10.13 um 11:15 von ossiu

Wenn sich durch den Einfluss von globaler Vernetzung und umfassender Digitalisierung unser aller Leben so grundsätzlich ändert, wie wir alle es täglich erleben, stellt sich unwillkürlich die Frage, wie unser Denken mit diesen Veränderungen Schritt halten kann. Das kann eigentlich nur funktionieren, wenn unser Denken der neuen Situation strukturell entspricht. Und das tut es tatsächlich: Wir alle denken seit eh und je in vernetzten Strukturen.

Ebenso wenig, wie wir allein und isoliert (über-)leben können, können wir uns unser Dasein allein und als "Monade" vorstellen. Wir sind es gewohnt uns in Gesellschaft vorzustellen, und sei es in Antagonismus zu einem Gegner. Und je mehr digitale Strukturen Einzug in unsere Wirklichkeit halten, desto mehr wird uns das Denken in binären Strukturen zur "zweiten Natur". Dies gilt es zu realisieren und für unsere weitere Entwicklung als Gesellschaften und als Individuen zu nutzen. Darin keinen Widerspruch, sondern sich ergänzende Strukturen zu sehen, bedeutet allerdings schon für sich eine gehörige Anstrengung, die mit "gesundem Menschenverstand" allein nicht zu bewältigen ist.


These 8: Auch der Mensch und sein Denken verändert sich grundsätzlich: Er funktioniert und denkt zunehmend digital und vernetzt. Und das in „Echtzeit".

Ganz im Sinne von Peter Sloterdijks Aufforderung „Du musst dein Leben ändern " geht es heute andauernd und immer wieder um die (geistes-)athletische Übung, das eigene Denken neu zu gestalten. Wenn schon nicht direkt hilfreich, dann doch tröstlich mag bei diesem anstrengendem Training die Gewissheit sein, dass die heute aktuelle Lektion vor allem darin besteht, digitale und vernetzte Systeme zu erfassen und geistig zu durchdringen, also eigentlich so zu funktionieren wie das menschliche Denken selbst, in dem ja auch unterschiedliche sensorische Impulse zu einem (vernetzten) Welt- und Selbstbild synthetisiert werden. Das menschliche Denken funktioniert, darin sind sich Kognitionswissenschaftler heute weitgehend einig, so wie ein digitales Netzwerk.

Das hat nun nichts mit der naiven Vorstellung der frühen Aufklärung zu tun, nach der der Mensch wie eine Maschine („Automaton") funktioniere. Im aktuellen Fall geht es vielmehr darum, Strukturen und Funktionsweisen externer, technischer Systeme als ähnlich denen unseres Denkens zu verstehen und auszubilden. Es geht weniger um eine „Internalisierung" im psychologischen Sinn, sondern um die Erkenntnis bestehender „Differenzen" - also um Informationsverarbeitung in einem durchaus menschlichen Sinn. Die eigentliche Schwierigkeit besteht dann auch weniger in der Aufgabe der Informationsverarbeitung selbst, als vielmehr darin, sie zu bewältigen, also mit ihr klar zu kommen, während solche disruptiven Entwicklungen stattfinden, um von ihrer Dynamik auch profitieren zu können.

Buchcover: Digitale Aufklärung - Warum uns das Internet klüger macht, von Ossi Urchs & Tim Cole

Digital Natives und warum es sie eigentlich gar nicht gibt »

30.09.13 um 16:39 von ossiu

Heute bin ich daran mich für das verspätete Erscheinen der 7. These an dieser Stelle zu entschuldigen. Wir sind einfach zu spät aus den Bergen Südtirols zurück gekommen, um sie noch rechtzeitig zum Sonntag veröffentlichen zu können. Deswegen will ich auch keine weiteren Umschweife machen, sondern gleich in medias res gehen.

Einer der erfolgreichsten Begriffe der jüngeren Internet-Geschichte ist zweifellos der der Begriff "Digital Natives". Ob das an der ebenso ungenauen wie romantischen Vorstellung von den "Eingeborenen" einer Digitalen Welt liegt, oder einfach am hübschen Klang der Worte will ich an dieser Stelle einmal dahin gestellt sein lassen. Jedenfalls wurde er insbesondere gern von Menschen benutzt, die sich ansonsten keinen Deut um das Internet, dessen Entwicklung und deren Protagonisten kümmern würden. Aber dem Charme der Begrifflichkeit und ihrem Wohlklang konnten oder wollten sie sich einfach nicht entziehen. Also versuchen wir hier in aller Kürze etwas Licht in die nebulöse Begrifflichkeit zu bringen.

Wenn wir die, im Zeichen von Digitalisierung und Vernetzung grundsätzlich veränderte heute eingehender anschauen, kommen wir nicht umhin festzustellen, dass sie zwar um ein vielfaches komplexer, deswegen aber nicht unbedingt komplizierter und schwerer zu meistern geworden ist. Es ist im Gegenteil durchaus bemerkenswert zu sehen, wie diese Welt für die einen sogar bequemer und einfacher zu bewältigen geworden ist, während andere an ihrer Komplexität schier verzweifeln. Erstere sind die "Digital Natives", letztere ihre Antipoden, die "Digital Immigrants", Immigranten der Digitalen Gesellschaft, so zu sagen.

Beide können zwar durchaus gleich alt sein, auch aus dem gleichen Kulturkreis kommen, doch ansonsten verbindet sie nicht viel. Insbesondere unterscheidet sie eine grundsätzlich andere Geisteshaltung gegenüber Innovationen und dem Neuen generell. Während erstere neugierig auf alles Neue sind, haben letztere davor großen Respekt, sie sorgen sich vor allem um die Folgen der Innovationen. Grundsätzlich handelt es sich bei ihnen um eher ängstliche Menschen, die die sich ständig und mit immer größerer Geschwindigkeit verändernde Welt mit Sorgenfalten auf der Stirn betrachten:

These 7: Das Leben in einer derart grundsätzlich anderen Welt wird damit komplexer, aber nicht komplizierter, sondern einfacher.

Ganz anders stellen sich solche disruptiven Momente für die Nutzer der neuen Technologien und Medien dar, die gerade vor ihren Augen entstehen: Da sie die Folgen weder absehen noch managen müssen, können sie die neuen Möglichkeiten einfach genießen. Oder sie können sich für den Versuch entscheiden, sie zu verstehen.

Das ist in einer Welt, die sich gerade in diesen disruptiven Momenten grundsätzlich neu und anders darstellt, sicher nicht ganz leicht, aber allemal ein Versuch wert. Denn im Erfolgsfall winkt immerhin die Erkenntnis, dass das Leben in einer derart gewandelten Wirklichkeit zwar komplexer werden mag, aber damit nicht notwendig komplizierter oder gar schwieriger werden muss. Im Gegenteil: Wer die neuen Errungenschaften richtig zu nutzen versteht, oder bereit und in der Lage ist, das Neue zu erlernen, dem können sie das Leben auch einfacher oder reichhaltiger gestalten.

Die Voraussetzung dafür ist allerdings die Bereitschaft, sich selbst einer gehörigen Anstrengung auszusetzen.

In der nächsten Folge werden wir sehen, wie sich unter den veränderten Bedingungen der globalen Digitalisierung und Vernetzung auch unser Denken fundamental verändert.

Buchcover: Digitale Aufklärung - Warum uns das Internet klüger macht, von Ossi Urchs & Tim Cole

Wrooooammmm - Die Beschleunigung der Wirklichkeit »

Die nächste These zeigt, warum unser Buch ursprünglich "Die Adhoc Gesellschaft" heißen sollte: Es geht um das Phänomen der Beschleunigung, wiees der französische Philosoph Paul Virillo bereits vor Jahren beschrieben hat. Erst heute, im Zeichen von (mobilem) Internet und Social Media, wissen wir, was er meinte und wie recht er hatte.

These 6:
Digitalisierung und Vernetzung produzieren eine dramatische Beschleunigung und disruptive Entwicklung von Technologien und Medien. Diese gilt es nicht zu beherrschen, sondern zu verstehen - und zu genießen.

Digitalisierung und Vernetzung bedeuten mehr als nur ein technisch begründeter und wirtschaftlich folgenreicher Verfall der Preise. Beide zusammen produzieren auch eine dramatische Beschleunigung der Technologie- und Medienentwicklung. Dauerte es von Gutenberg bis zum Aufkommen der ersten gedruckten Massenmedien in Gestalt der Tageszeitungen am Anfang des 19. Jahrhunderts noch etwa 350 Jahre, so brauchte das World Wide Web von seiner Konzeption durch Tim Berners-Lee bis zu seiner massenhaften Nutzung Mitte der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts, gerade noch fünf Jahre. Und die Adaption des „mobilen" Internets durch den Nutzer, nicht nur in den USA und Europa, sondern insbesondere in Asien und Lateinamerika, ging noch schneller, nämlich innerhalb von nur drei Jahren.

Eine derartige Beschleunigung fördert in den mit diesen Technologien und Medien verbundenen Märkten immer häufiger so genannte „disruptive" Entwicklungen. Neue Produkte und Verfahren, Anwendungen und Geschäftsmodelle sind imstande, etablierte Unternehmen und Marken, ja ganze Märkte buchstäblich aus den Angeln zu heben, und sie, ebenso wie die dort herrschenden Spielregeln neu zu definieren. Die von Josef Schumpeter so eindrücklich beschriebene Tendenz des Kapitalismus zur „schöpferischen Zerstörung" wird nirgends deutlicher als in diesen, die „normale" Marktdynamik unterbrechenden und sie durch neue Impulse und Regeln ersetzenden Entwicklungen.

Das beste Beispiel für ein wirklich disruptives Produkt ist zweifellos das iPhone. Damit hat Apple den gesamten Handy-Weltmarkt neu definiert, so dass ehemalige Champions wie Nokia oder der Blackberry-Hersteller RIM heute alle Mühe haben, noch einmal Anschluss an die immer schneller fortschreitende Entwicklung zu finden. In gerade einmal drei Jahren hat Apple darüber hinaus auch einen völlig neuen Massenmarkt „erfunden": Die mobile Nutzung des Internets, bis dahin eine nahezu geschlossene Veranstaltung für wenige computerverliebte „Geeks", ist zu einer Selbstverständlichkeit geworden, von der Heerscharen von Entwicklern, Zubehör-Lieferanten und Service-Anbietern profitieren. Mit dem iPhone wurde die mobile Internet-Nutzung zu einem „Lifestyle", zu einem nicht mehr weg zu denkenden Bestandteil unseres Alltags. Und es selbst wurde zum Schweizer Messer der digitalen Welt: Nicht nur das Universalwerkzeug zur Erledigung aller nur denkbaren Aufgaben im digitalen Alltag, sondern auch „das Original" (etwas, das es in digitalen Welten eigentlich nicht gibt!), dem alle Wettbewerber nur nacheifern können.
Nun wäre es allerdings ebenso vermessen wie naiv zu glauben, solche disruptiven Marktentwicklungen auch nur einigermaßen präzise prognostizieren zu können, auch wenn so genannte Trendforscher nicht müde werden, dies für sich in Anspruch zu nehmen.

Wer vor zwanzig Jahren behauptet hätte, dass ausgerechnet die gute, alte SMS zur erfolgreichsten „Killer-Applikation" des herkömmlichen Mobilfunk-Marktes werden würde, hätte von „Experten" sicher nur Kopfschütteln, wenn nicht höhnisches Gelächter geerntet. Und ganz ähnlich verhält es sich mit dem noch durchaus verbreiteten Glauben, Märkte über alle oder wenigstens eine Disruption hinweg „beherrschen" zu können. Die Geschichte von IBM und Siemens, von Nokia und Sony vermag uns eines Besseren zu belehren: Wer nicht in der Lage ist, sich in disruptiven (Markt-)Situationen neu zu erfinden, hat keine weitere Chance zu erwarten. Insofern ähnelt die Vorstellung, disruptive Märkte beherrschen zu können, der, sich die „Erde untertan" machen zu können: Beide sind eine Illusion!

Buchcover: Digitale Aufklärung - Warum uns das Internet klüger macht, von Ossi Urchs & Tim Cole

Austausch statt Einbahnstraße: Warum Massenmedien ihre Funktion verlieren »

Die "modernen", interaktiven Medien sind den herkömmlichen Massenmedien so überlegen, weil sie den Nutzern die Möglichkeit des Austausches bieten. Damit wird das, was einmal der ursprüngliche Sinn jeder Kommunikationsform war, der Austausch zwischen den Kommunizierenden, nun auch in der medial vermittelten, digital vernetzten Kommunikation möglich: der direkte und umreglementierte, private oder öffentliche Austausch mit Hilfe ansonsten ganz unterschiedlicher Medien. In Echtzeit oder asynchron. Zu zweit oder zu vielen. Über ein gemeinsames oder auch über zahlreiche unterschiedliche Themen.

Kein Wunder, dass mit der weiteren Entwicklung dieser Möglichkeiten und der wachsenden Kompetenz der Nutzer die "alten" Massenmedien ihre Attraktivität immer mehr einbüßen. Und daher lautet unsere fünfte These:

These 5:
Massenmedien verlieren mit dieser Entwicklung nach 150 Jahren ihre gemeinschafts- und identitätsstiftende Funktion. Dadurch kehrt die Kommunikation gewissermaßen zu ihrem Ursprung zurück: Zum interpersonalen Austausch, der heute allerdings zunehmend digital und medial vermittelt stattfindet.

Erschwerend kommt bei dieser bevorstehenden „Neuformatierung" der Gesellschaft der Umstand hinzu, dass uns die bekannten Leitplanken und Orientierungshilfen zur Erfassung einer sich dramatisch verändernden Wirklichkeit abhandengekommen sind. Und das betrifft nicht etwa nur Religionen und andere Glaubenssysteme, seien sie eher (natur-)wissenschaftlicher oder philosophischer Natur, sondern in ganz besonderem Maße die meinungs- und gemeinschaftsstiftende Funktion der alten Massenmedien.

Konnte man noch vor wenigen Jahren - wie ein deutscher Ex-Kanzler -davon ausgehen, dass man morgens nur die Bild-Zeitung lesen müsse, um zu wissen, was Deutschland am Abend glauben würde (oder wenigstens glauben sollte), so trifft das heute gleich aus mehreren Gründen nicht mehr zu. Zum einen hat die meinungsbildende und gemeinschaftsstiftende Qualität der Inhalte, ob sie nun gedruckt oder elektronisch unters Volk gebracht werden, unter dem Preisverfall der digitalen Waren und Inhalte dermaßen gelitten, dass sie als „Leit-Bild" schlechterdings untauglich geworden sind. Insofern dürfte die Pleite namhafter Zeitungstitel wie der „Frankfurter Rundschau" oder der „Financial Times Deutschland" nur ein erster Vorbote des großen Zeitungssterbens sein, wie es in den USA längst begonnen hat.

Zum anderen weiß das digital geschulte Publikum heute einfach zu viel über die Wirkungsweise massenmedialer Scheinwirklichkeiten, um ihnen noch zu erliegen: Wer einmal das „Dschungelcamp" gesehen hat, für den haben „Stars" endgültig ihren Zauber verloren. Und schließlich hat die Reichweite der ehemaligen Massenmedien inzwischen schon zu weit abgenommen, um noch identitätsstiftend wirkend zu können (von Fußballspielen, olympischen Spielen und anderen Mega-Events einmal abgesehen). Jedenfalls würde niemand heute noch auf die früher gängige Idee kommen, den Anruf bei der Tante doch besser zu verschieben, nur weil um 20 Uhr doch „im Fernsehen" die Tagesschau kommt.

Nach 150 zunächst durchaus erfolgreichen Jahren sind die herkömmlichen Massenmedien in der kommunikativen wie in der wirtschaftlichen Sackgasse gelandet. Was bleibt, ist das Kommunikationsbedürfnis eines „Zoon Politicon", Aristoteles' „Lebewesen in der Polisgemeinschaft", das sich nicht als einzelnes Wesen denken, geschweige denn als solches existieren kann. Und es findet sich wieder auf einen Austausch zurück geworfen, auf den es nicht (mehr) vorbereitet ist. So erleben wir alle einen zweiten Strukturwandel der Öffentlichkeit, in dem diese aus den Massenmedien zurückkehrt auf eine inzwischen digitalisierte und medial vermittelte Agora. Deshalb müssen wir alle wieder lernen, uns dort so selbstverständlich zu bewegen und so überzeugend zu argumentieren, wie es der digitalen Gemeinschaft zusteht.

Buchcover: Digitale Aufklärung - Warum uns das Internet klüger macht, von Ossi Urchs & Tim Cole

Digitale Aufklärung - warum uns das Internet klüger macht »

Bevor wir uns heute der 4. These unseres Buches zuwenden möchte ich Eure geschätzte Aufmerksamkeit auf die Cover-Gestaltung lenken. Auch hier zu sind Kommentare nicht nur erlaubt, sondern auch ausdrücklich erwünscht:

Buchcover: Digitale Aufklärung - Warum uns das Internet klüger macht, von Ossi Urchs & Tim Cole

Und nun zur 4. These. Hier geht es darum, wie Digitalisierung und Vernetzung nicht nur unser (Er-)Leben, sondern alles das, was wir für "wirklich" halten verändert. Und diese Veränderung betrifft nicht allein unser Denken und unsere Vorstellungen, sondern auch die materielle Realität selbst. Vernetzte Zusammenhänge sind in dieser Welt sichtbarer und auch wichtiger als isolierte Phänomene. Nicht mehr das Einzigartige ist wertvoll und wichtig, sondern all das, was mit (möglichst) allem anderen in Verbindung gesetzt und mit ihm in Austausch treten kann. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass sich zusammen mit der Wirklichkeit selbst auch untere Vorstellung von dem, was an ihr wertvoll ist, ja, was ihren eigentlichen Wert ausmacht, grundsätzlich verändert.

These 4:
Digitalisierung und Vernetzung schaffen technisch und gesellschaftlich, kulturell und wissenschaftlich neue Bedingungen. Sie gilt es in Kategorien zu fassen und als Qualitäten zu verstehen.

Damit hat sich bereits weitgehend das verändert, was wir für wirklich halten, genau wie die Bedingungen unter denen wir die neue Realität erleben. Ist ein Computerspiel weniger real als die Schnitzeljagd im Wald? Ist eine Facebook-Romanze etwas anderes als ein Flirt an der Bar? Obwohl der binäre Code uns nahe zu legen scheint, allein zwischen „an" und „aus" zu unterscheiden, zwischen „real" und „irreal", haben wir doch offenbar längst gelernt, die Welt gerade mit der Hilfe digitaler Informationen differenzierter, ja granularer und modularer zu verstehen, ohne, so ist jedenfalls zu hoffen, ihre grundlegende Einheit im Sinne der ihr eigenen vernetzten Existenzweise zu übersehen oder gar zu vergessen.

Digitalisierung und Vernetzung verändern offensichtlich die gesamte Art und Weise wie wir Realität erleben, verstehen und verarbeiten. Doch damit nicht genug: auch die Bedingungen unter denen wir das tun, sind andauernd fortschreitenden Veränderungen ausgesetzt. Und zwar so schnell und dynamisch, dass wir unter dem Eindruck des immer wieder neuen Geschehens um uns herum drohen zu vergessen, es auch gedanklich und begrifflich zu erfassen. Wir brauchen also angesichts der neuen Entwicklungen und Erscheinungen, ob sie sich nun im Bereich der Wissenschaft oder der Technologie, gesellschaftlich oder kulturell zeigen und ausprägen, erst eine Begrifflichkeit, die ihnen auch gerecht wird. So wie Newton's Mechanik nicht zur Beschreibung der Quantenphysik taugt, so helfen auch Vorstellungen und Begriffe der vergangenen Jahrhunderte herzlich wenig bei der Beschreibung der digital vernetzten Gegenwart.

Oder was meint Ihr?

Die Durchdringung der realen Welt durch die digitale »

Haben uns die ersten beiden Thesen des Buches, das ich gemeinsam mit Tim Cole geschrieben habe, "Digitale Aufklärung - Warum und das Internet klüger macht", in die digitale Welt geleitet, so geht es nun, in der 3. These darum, zu verstehen, wie die Digitalisierung unsere Wirklichkeit, also auch die materielle Welt, in der wir leben, radikal verändert. Das ist umso wichtiger, da nur wer diese Veränderung unserer alltäglichen Wirklichkeit auch als Konsequenz ihrer Digitalisierung zu verstehen gelernt hat, in der Lage sein wird, an der weiteren Gestaltung unserer Zukunft, politisch und gesellschaftlich aktiv teil zu nehmen.

These 3:
Die digitale und die reale Welt durchdringen sich immer mehr. Das verändert beide mit rasender Geschwindigkeit und in einem bisher unvorstellbaren Maß.

Wenn technische und wirtschaftliche Entwicklungen erst einmal das gesellschaftliche wie das persönliche Leben tiefgreifend verändert haben, dann lassen sie sich kaum mehr ungeschehen machen: Das Rad der Geschichte kann man bekanntlich nicht zurückdrehen. Zumal sich im Zuge dieser Entwicklung ein weiteres, ebenso merkwürdiges wie bemerkenswertes Phänomen eingestellt hat: Waren bis vor wenigen Jahren noch die digitale und die „reale" Welt fein säuberlich voneinander getrennt, so haben beide inzwischen begonnen, sich mehr und mehr gegenseitig zu durchdringen.

So weisen uns Navigationsgeräte nicht einfach den Weg: Die von ihnen bereitgestellten digitalen Informationen erlauben uns erst den „richtigen", den schnellsten oder den schönsten Weg zu wählen. „Augmented Reality" bedeutet in der Übersetzung nicht einfach eine „Anreicherung" unserer Wirklichkeit: Das, was wir als „Wirklichkeit" erleben und verstehen wird tatsächlich in zunehmendem Maß aufbereitet und vermischt mit unsren Eindrücken aus der „realen" Welt, angereichert mit zusätzlichen Informationen und angezeigt auf einem Smartphone oder durch neuartige „wearable" Computer, etwa spezielle Brillen, wie Google's Projekt „Glass". So entsteht gerade eine neuartige, digitale „Infosphäre", die mehr und mehr Dinge in unserer unmittelbaren Umgebung genauso umgibt wie den ganzen Planeten.

Das bedeutet keineswegs, dass wir alle in Zukunft wie Zombies hilflos den Anweisungen unserer digitalen Bewegungshilfen folgend durch die Welt irren werden. Im Gegenteil müssen und werden wir lernen, Relevanz zu beurteilen, also Informationen so zu filtern, dass sie uns hilfreich und nützlich sind. Sollten sie uns ablenken oder gar stören, werden wir die entsprechende Informationsquelle einfach ausschalten.

Aber wenn wir die Infosphäre abschalten, werden wir das mit der gleichen Haltung tun, die es uns auch heute noch erlaubt, einen Stummfilm anzuschauen und zu genießen. Der bewusste Verzicht eröffnet uns die Möglichkeit eines ebenso asketischen wie ästhetischen Genusses. Es fehlt also nicht einfach eine Dimension des (Multi-)Mediums, sondern diese Reduktion erhöht unsere Konzentration auf andere Aspekte. Wobei wir wohl wissen, dass wir immer und jederzeit in der Lage sein werden, zusätzliche Dimensionen per Knopfdruck wieder zu aktivieren.

Wer den Umbau unserer Wirklichkeit im Zeichen von Digitalisierung und Vernetzung nicht nur erleben, oder gar erleiden will, sondern sich daran (inter-)aktiv beteiligen möchte, kann einen ersten Schritt tun, indem er sich hier und auf anderen Plattformen an der Debatte um diese Thesen wie auch um die aktuellen politischen Entwicklungen beteiligt.

Digitalisierung und Vernetzung sind kein Schnupfen! »

Ging es in der ersten These, noch darum zu verstehen, dass Digitalisierung und Vernetzung weniger aus technischen, sondern vor allem aus wirtschaftlichen Gründen zu globalen Mega-Trends geworden sind. Heute, mit der 2. These unseres Buches "Digitale Aufklärung - Warum uns das Internet klüger macht", das zur Buchmesse Anfang Oktober erscheinen wird, geht es vor allem darum, dass diese Trends dauerhaft und nachhaltig wirken und unser zukünftiges Leben in einem Maße verändern werden, das wir uns heute noch nicht vorstellen können Es geht also nicht darum, sich heimlich, still und leise in eine Ecke zu verziehen, um dort abzuwarten, bis der Spuk vorüber ist. Diese "OhneMichel" Strategie funktioniert hier nicht, für einzelne Menschen nicht, und erst recht nicht für Unternehmen, die sich dieser Herausforderung proaktiv stellen müssen.

These 2:
Digitalisierung und Vernetzung sind kein Schnupfen. Sie gehen nicht wieder weg!

Digitalisierung und Vernetzung haben die ganze Art wie wir leben und arbeiten, wie wir lernen und spielen, wie wir einkaufen und mit einander Geschäfte machen, wie wir uns unterhalten, insbesondere aber die Art wie wir kommunizieren ganz grundsätzlich verändert. Kaum ein Lebensbereich und immer weniger Menschen bleiben von diesen buchstäblich fundamentalen Veränderungen ausgeschlossen. Und deshalb ist auch damit zu rechnen, dass uns diese Entwicklungen, zumindest auf absehbare Zeit, erhalten bleiben werden.

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