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Von ossiu am 30.09.07

Vom "Googleplex" zum "Googleverse"

"Web 2.0", bezeichnet, jenseits der Trendvokabel, ja den Austausch von digitalen Medien, Daten und Informationen durch die direkte Interaktion der Nutzer. Und dieses Phänomen hat sich in den letzten Jahren zu einer der wesentlichen und sich ungebrochen dynamisch entwickelnden Erscheinungsformen des gesamten Internets entwickelt. Verschiedene Anwendungs- und Nutzungsbereiche haben dabei ihre eigenen, jeweils spezifischen Plattformen, Angebote und Netzwerke hervorgebracht.

Denken Sie an die gesamte "Blogosphäre" und an Video-Plattformen wie YouTube, an Social Bookmarking- und Ranking-Communities wie Digg, an Social Networks wie Xing und Facebook, oder auch an Social Commerce Angebote wie Fahrrad.de oder auch das gute, alte Ebay.

Google war in dieser Entwicklung zwar ein - nicht erst seit dem Kauf von YouTube - mächtiger Player, aber eben auch nur einer unter vielen anderen. Der "Googleplex", die Konzernzentrale im Silicon Valley sowie die weltweiten verteilten, aber bestens vernetzten Rechenzentren, entwickelte dabei allerdings zur größten jemals von Menschen realisierten Informations-Infrastruktur: Eine manchem Beobachter geheimnisvoll anmutende Welt der Informationsverarbeitung und der technischen Kreativität. Im Wochen-Rhythmus produzierte der Googleplex neue Angebote und Anwendungen, weit über die Kernkompetenz der "Suche" hinaus.

"Google-Docs" war weniger ein Angriff auf Microsofts "Office"-Paket als vielmehr eine bislang unbekannte Dimension der webbasierten Office-Kollaboration - nutzbar auch und gerade für kleine Unternehmen und Privatnutzer. "Google-Analytics" brachte Web-Analyse und Web-Controlling "for the rest of us". Und last but not least wurde "Google-Maps" zum Standard und zur Grundlage zahlloser Mashups, die auf geografischen Informationen beruhen. Und das sind nur einige der bekanntesten Beispiele.

Und nun steht anscheinend eine neue "Anwendung" der Google-Kreativität kurz vor dem Start - angekündigt für den 5. November. Eine Anwendung, um die sich jetzt schon Mythen und Vermutungen ranken. Eine Anwendung, die angeblich alles in den Schatten stellen soll, was bisher aus dem Googleplex in die (Online-)Welt entlassen wurde.

Das Gerücht, dass Google weltweit ungenutzte Netzwerke aufkaufe und im Pazifik gar selbst neue Kabel verlegen lasse, heizten das oft gar nicht so fröhliche Rätselraten weiter an. Von einem gigantischen "Meta Second Life", von einer weltweiten Virtuellen Gemeinschaft wird schon gemunkelt, von einem völlig neuartigen Social Network der nächsten Generation.

Interessant. Und alles andere als undenkbar. Die durch die zahlreichen (und zum großen Teil registrierungspflichtigen) Google-Anwendungen bereits gesammelten Nutzer-Daten aus Millionen von "Google-Accounts" bieten dafür jedenfalls eine solide Ausgangsbasis. Ob die Reise allerdings in eine weitere dreidimensionale, virtuelle Spielzeugwelt gehen soll, wage ich doch zu bezweifeln.

Interessanter scheint mir da schon die Vermutung einer Referenzierung der Nutzer-Daten inklusive der darin enthaltenen sozialen Kontakte im Sinne eines "Social-Graphs" auf "Google-Earth", "Google-Maps" oder auch beide. So zu sagen ein "Social-Geo-Layer" - oder gar eine Form der "Virealität", einer Dimension zwischen Realität und Virtualität, die mein Namensvetter Max Urchs in die Debatte gebracht hat, und die in der Tat eine neue Dimension sozialer Netzwerke anzeigen könnte.

Mit einer einfachen "Builder-Software" kann man heute schon eigene Objekte und Strukturen in Google-Earth integrieren. Damit ließen sich auch relativ einfach persönliche, oder auch gemeinschaftliche "soziale" Layer realisieren. Und, sollte die entsprechende API offen gelegt und allseits zur Verfügung gestellt werden, könnten sogar bereits existierende Plattformen und Netzwerke des "sozialen Webs" in die neue Netzwerk-Struktur eingebunden werden: Xing und Facebook als "Knoten" im Googleverse!

Denn eines der grundsätzlichen Probleme aller heute existierenden Web2.0-Angebote, so "sozial" sie auch ansonsten sein mögen, ist ihre reale Isolation. Es gibt, bis auf die Links, keine wirklich funktionierenden Verbindungen zwischen ihnen. Und dieser Umstand weitet sich, mit dem Erfolg jedes neuen Angebots, zu einem immer gravierenderen Problem aus: Wer kann und will schon immer neue und immer mehr "Identitäten" in seinen Netzwerken und Communities pflegen und am Leben erhalten? Ständig existierende Profile anpassen und immer wieder neue erstellen, ständig seine Kontakt-Daten pflegen, nur um sie in jeder neuen Gemeinschaft wieder neu einpflegen zu müssen?

Wäre es also nicht cool, wenn man (s-)eine Identität und alle damit zusammenhängenden Daten einfach von einer Plattform zur anderen "mitnehmen" könnte, wenn man Adress- und Bank-Daten bei Bedarf, oder auch die eigene "Reputation" bei Ebay einfach und problemlos überall, wo es Sinn macht, zur Verfügung stellen könnte? Ein "Single Sign On", ein globales "Login" - und die ganze Welt meiner Netzwerke und Communities, meiner Plattformen und Applikationen stünde mir überall im Web zur Verfügung.

Zu schön um wahr zu sein? Keineswegs. Das funktioniert heute schon in modernen Intranets genau so gut wie in der gesamten Google-Welt im Web. Allerdings müssen dazu diese, stetig wachsenden und teilweise auch hoch sensiblen und kritischen, persönlichen Daten notwendigerweise beim Betreiber des Netzwerks vorliegen.

Und genau da hört für viele Internet-Nutzer der Spass auf. Dort gibt es Misstrauen. Gegenüber Google inzwischen genau so, wie schon seit Jahren gegenüber Microsoft. Und das nicht einmal zu Unrecht. Nicht etwa weil man den genannten oder auch anderen Unternehmen selbst ein übersteigertes "Informationsbedürfnis" oder gar fahrlässigen Umgang mit den Daten unterstellt. Sondern einfach, weil mit jedem neuen Datensatz die gesamte, in einer zentralen Instanz präsente, Sammlung von Nutzerdaten zu einem immer attraktiveren Objekt der Begierde für immer neue potentielle Daten-Diebe wird.

Und auch deren technische Kreativität sollte niemand unterschätzen - sie steht der des Googleplex' jedenfalls in Nichts nach. Insofern ist jede zentrale Datenbasis gefährdet. Und je mehr Daten dort versammelt sind, desto größer wird die Gefährdung. Entsprechende Angriffe sind zahlreich und in der Geschichte des Internet bestens bekannt.

Sollte man also solche ebenso sensiblen wie gefährdeten Daten überhaupt zentral ablegen und verwalten? Offensichtlich besser nicht. Eine dezentrale Lösung, etwa die Haltung der Daten auf der eigenen Website, wäre sicher besser. Zumindest weiss dort jeder Angreifer, dass der Lohn seiner Bemühungen sich dort extrem überschaubar gestalten würde: besten- oder schlimmstenfalls wären dort meine, oder die Daten eines anderen, individuellen Website-Betreibers zu holen. Dahingehende Anstrengungen dürften sich also in Grenzen halten. Zu realisieren bliebe "nur" der Austausch der Daten auf Grund berechtigter, also von mir (oder meiner "virtuellen Agenten" Software) autorisierter Anfragen.

Und die Vorzüge eines überall im Web und sogar im Googleverse funktionierenden "Single Sign On" Verfahrens könnte jeder Nutzer trotzdem genießen. Einziger Schönheitsfehler dieses Konzeptes: Es ist (bislang) nur eine Idee. Warten wir ab, wer das Rennen bei seiner Realisierung macht. Es wird sich für ihn in jedem Fall lohnen.

Ansätze dazu gibt es schon. Wer mehr darüber wissen will, wird bei Techcrunch fündig. Und bei "OpenID", bei Sxip.com und - wer hätte das gedacht? - bei Google.