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Von ossiu am 17.05.07

Web 2.0 in Deutschland: Ausser Kopien nix gewesen?

Nun ist es also raus: Nicht die Chinesen sind die bösen, internationale Marken, Urheber- und andere Leistungsschutzrechte aushebelnde Schurken-Nation, sondern wir sind es. Die Deutschen. Wenigstens, was das Web 2.0 angeht.

In einer ultimativ-apodiktischen Gegenüberstellung hat die amerikanische Institution für alles neue, webzwonullige, "Techcrunch" amerikanische Originale und deutsche Kopien im "Mitmachweb" (woher kommt eigentlich dieser Begriff?) versammelt. Und kaum einer der Betroffenen wehrt sich... wie iBusiness für zahlende Mitglieder berichtet.

W2.0_Copy_Original_Techcrunch.png

Was wir alle schon immer vermutet hatten, ist somit belegt: "MyVideo" kommt von "YouTube", "UndDu" von "MySpace" und selbst "Spreadshirt" ist alles andere als eine deutsche Erfindung, sondern nachgemacht. Das ist in den Zeiten von Web 2.0 und im Zeichen immer neuer "Mesh-Ups" noch nichts an sich anrüchiges, oder gar Verbotenes.

Aber für das auf seine Patente und "Ingenieurskunst" stolze Deutschland ist besagter Zusammenhang starker Tobak, gepaart mit einem Hauch von Scham. Statt eines Volkes der Dichter und Denker nur noch ein Volk der Abschreiber und Kopierer. "Copy Cats" klingt fast so abfällig wie "Script Kiddies". Da könnte doch glatt die gerade mit dem Aufschwung überwunden geglaubt Depression heim ins Land kehren!

Aber gibt es nicht hier zu Lande ebenfalls gute, so begabte wie kreative Entwickler? Wie den einstigen Technik-Chef von Amazon und Dutzende Google-Techies? Durchaus. Aber erstens können die daheim offenbar nichts werden und ziehen also, zweitens, ins Silicon Valley, um dort drittens Geld und Karriere zu machen. Was dann, mit dem zweiten Internet-Frühling, wieder zum Fachkräftemangel daheim und auf Grund dessen zu schlechten Kopien amerikanischer Originale führt. Ein Teufelskreis!

Aber mal im Ernst: Wir haben offenbar verlernt, aus einer großartigen technischen Entwicklung (wenigstens, was das Internet angeht) ein ebenso großartiges Geschäft zu machen. Genau dort liegt womöglich das eigentliche Problem: Es geht keineswegs um mangelde Ideen und mangelndes technisches Vermögen, sondern um deren Verwertbarkeit. Oder anders: um den mangelnden Mut von Investoren und VCs, Bankern und Managern, auf eigenes Risiko etwas wirklich Neues zu wagen und zu entwickeln.

Der gelernte Reflex, erst mal den amerikanischen Markt zu "scouten", um dann ganz schnell ganz viel Geld in das erste (und nicht unbedingt beste) nachgemachte Konzept im eigenen Land zu pumpen, belegt den Zustand. Liegt es also an den "Scouts" aus den genannten Berufsständen. An deren mangelndem technischen Verständnis? Am nicht vorhandenen Instinkt für das wirtschaftliche Potential einer technischen oder medialen Innovation?

Sicher, auch an all dem. Eigentlich aber liegt es wohl an einem Phänomen, das in den USA nicht zufällig unter dem Begriff "German Angst" bekannt ist. Angst vor dem Risiko. Angst vor dem Neuen und deshalb Unbekannten. Angst vor Technik und Angst vor der Zukunft. "Angst essen Seele auf" dichtete einst der geniale deutsche Filmemacher R. W. Fassbinder. Wie wahr!

Wir alle brauchen also wieder mehr "Soul" im Web 2.0 (Business). Und das gilt für Investoren und Banker, Analysten und Manager genauso wie für Techies und Geeks, Designer und Kreative. Nur Soul rockt - auch und gerade im Web 2.0!

Kommentare …

Ich denke das die gesamte Web 2.0 Thematik viel zu sehr von einem technischen Gesichtspunkt gesehen wird.

Die Möglichkeiten über diese Technik einen echten Dialog zu generieren wird gerade im Geschäftsbereich noch stark vernachlässigt. Die Angst (wo wir schon wieder bei der Angst sind) kontroverse Meinungen zu hören oder auf seiner Webseite zu habe ist sehr groß. Die daraus resultierende Chance, das andere User diese negativen Meinungen nicht teilen und für das Unternehmen eine Lanze brechen wird oft übersehen.

Das Internet war schon immer eine Kommunikation in zwei Richtungen und ein Medium der freien Meinungsäußerung.

Ich wünsch mir auch mehr Mut zu neuem und Verständnis für das Medium Internet.

17.05.07 17:08   von Sascha Walk

Sehr richtig, Sascha. Die Angst vor "kontroversen Meiningen", vor dem Diskurs, vor der Debatte, ist sicher eine der typischsten Ausprägungen der "German Angst" - in diesem Fall allerdings auch bei amerikanischen Unternehmen durchaus verbreitet. Und dennoch, odr gerade deswegen: Wenn wir nicht lernen, das Internet, und meinethalben auch das "Web 2.0" für die Konversation mit den "anderen" zu nutzen, dann haben wir sein Potential immer noch nicht richtig verstanden

19.05.07 12:34   von Ossi Urchs