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Von ossiu am 11.07.05

Von der Ansprache zum Dialog – Corporate Communication im Internet-Zeitalter

Vortrag beim Forum Corporate Publishing in München, Juli 2005

Als vor etwa 12 Jahren, mit der Entwicklung der ersten Browser das Internet in Gestalt des WWW auch für uns „Otto-Normal-Nutzer“ zugänglich und damit zu einem Massenmedium wurde, da träumte man allenthalben von einer gesegneten Zukunft im Zeichen vernetzter Kommunikation.

Ironischerweise hörten gleichzeitig auch die klassischen Massenmedien, von Print bis TV, von der Musik- bis zur Filmwirtschaft auf, richtig Geld zu verdienen. Werbeumsätze wie Reichweiten bzw. Nutzungszahlen sanken zeitweise jährlich im zweistelligen Prozentbereich. Dabei handelte es sich keineswegs um eine „normale“, konjunkturelle Krise. Denn auch als die Gesamtwirtschaft sich wieder etwas erholte, blieb die Medienbranche im wirtschaftlichen Sinkflug. Gleichzeitig stiegen die über das Internet erzielten Werbe- und Verkaufserlöse stetig weiter an, auch wenn das von der Öffentlichkeit kaum mehr wahrgenommen wurde.

Während die Umsätze also bereits begannen ins Internet abzuwandern, hatten die Medien offensichtlich das Internet noch gar nicht als Herausforderung begriffen, geschweige denn angenommen oder gar versucht, es mit neuen Angeboten und den passenden Geschäftsmodellen zum eigenen wirtschaftlichen und kommunikativen Erfolg zu nutzen. Lieber trauerte man vergangenen, scheinbar „goldenen“ Zeiten nach, oder versuchte gar, wie die Musik-Industrie, die eigene Kundschaft zu verklagen, statt sie zu bedienen. Keine gute Idee, wenn Sie mich fragen, eher schon ein Beleg für Verzweiflung oder auch fehlende Lernfähigkeit.

Dabei ist gerade diese Lernfähigkeit gegenwärtig besonders gefragt, ja für die Unternehmen im Internet-Zeitalter überlebenswichtig, wollen sie den aktuellen Veränderungen, nicht einfach erliegen, sondern sie mit gestalten, um schließlich davon auch zu profitieren.

Sicher, der Übergang vom Industrie- zum Informationszeitalter ist nicht so einfach und risikolos zu bekommen wie wir alle, ein wenig naiv, einmal dachten. Gilt es doch, nicht nur den Umgang mit einem neuen Medium zu erlernen - schon das allein ist schwer genug. Es geht darüber hinaus heute auch um ganz neue Formen der Arbeit und des Wirtschaftens – um einen fundamentalen „Relaunch“ des ganzen Unternehmens mithin. Denn, so stellte eine Studie der Universität Freiburg kürzlich fest, „wer das Internet nicht nutzt, muss deutliche Wettbewerbsnachteile in Kauf nehmen.

Für die Unternehmenskommunikation über das Internet, insbesondere für die Kunden-Kommunikation kommen dazu noch weitere spezifische Herausforderungen:
- Die Unternehmen müssen lernen, die herkömmliche Kundenansprache durch einen Dialog, mit dem, inzwischen zum selbstbewussten Nutzer gewandelten Kunden zu ersetzen, wollen sie ihn nicht endgültig an Wettbewerber verlieren, die das bereits praktizieren.
- Heute bereits intern wie extern vielfach vernetzte Unternehmen müssen lernen, ihre Kommunikation ebenso vielfach zu vernetzen: wer den Zugang zum globalen Netz von Information und Transaktion verliert, hat selbst verloren.
- Multimediale Kommunikation reicht heute nicht mehr; nur „crossmediale“ Kommunikation erreicht den Kunden durch den von ihm bevorzugten „Channel“.
- Der Kunde muss also im „strategischen“ Zentrum des Kommunikations-Netzes der Unternehmen stehen.
- Darüber hinaus müssen Unternehmen neue Phänomene wie Meinungsseiten, Themenportale und Weblogs nicht nur kennen, sondern möglichst aktiv nutzen, um davon zu profitieren, statt zu ihren „Opfern“ zu werden.

Diese Aufzählung erhebt keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit, sie soll lediglich die Vielfalt der neuen Aufgaben illustrieren – soll Unternehmens-Kommunikation nicht im „Schwarzen Loch“ (Folie!) enden. Diese Herausforderung zu meistern ist nur möglich in einem Spannungsverhältnis (dargestellt durch ein „Magische Dreieck“, das ursprünglich zur Beschreibung des sog. semantischen Web entwickelt wurde), das die Parameter interaktiver Kommunikation verbindet. Zu diesem Ziel führt allein ein langer und beschwerlicher Weg: Ein intensiver, aber auch lohnender und durchaus profitabler Lernprozess.

Das Ziel dieses Lernprozesses hat Tim Berners-Lee, der Vater des World Wide Web, dessen Original-Vorschlag zu einem World Wide „Mesh“ aus dem Jahr 1992 Sie auf der Folie sehen, in seinem Buch „Weaving the Web“ auf den Begriff gebracht:

"The Web brings the working of society closer to the working of our minds."
Tim Berners-Lee

In einer vernetzten Gesellschaft müssen wir also lernen, so zu funktionieren wie unser eigener Geist. Das hört sich einfach an, ist aber von den philosophischen wie von den wirtschaftlichen Implikationen ausgesprochen schwer zu realisieren. Denn so wie sich im menschlichen Bewusstsein unabhängig von einander wirkende, sensorische Impulse zu einem Bild seiner Umwelt zusammensetzen, muss vernetzte Kommunikation im Internet die Impulse von Nutzern und Kunden verarbeiten, um daraus ein Bild des eigenen Unternehmens zu entwerfen. Dass dies für Unternehmen zu einer immer dringender zu lösenden Aufgabe wird, belegen die aktuellen Zahlen der Internet-Nutzung:

- Über 660 Millionen Menschen haben Zugang zum Internet, 38 Millionen davon allein in Deutschland (laut NUA und GfK) – ca. 55% aller Erwachsenen ...
- Über 60 Millionen WWW-Domains weltweit und ca. 8,5 Millionen .DE-Domains gibt es heute
- Die schier unvorstellbare, wenn auch mit Vorsicht zu genießende Zahl von 6 Milliarden Web-Seiten ist online – 30 Millionen Weblogs (Perseus)!
- 2004 Retail-E-Commerce in D 22.3 Mill. € (+74%), (European Information Technology Observatory im Auftrag des Bitkom)
- $12 Milliarden Umsatz von Online-Werbung

Und damit ist das Internet nicht nur das am schnellsten gewachsene Medium aller Zeiten, es ist zu einem unverzichtbaren Bestandteil unsers alltäglichen Lebens, unserer Arbeit wie unserer Freizeit geworden.

Was bedeutet es denn eigentlich, wenn aktuell 38 Millionen Menschen allein in Deutschland im Web einkaufen, sich informieren und mit einander kommunizieren? Einen Strukturwandel unseres Wirtschaftslebens und unseres Kommunikationsverhaltens. Es bedeutet aber auch und darüber hinaus, dass sich unsere ganze Art zu leben und zu lernen, zu arbeiten und uns zu unterhalten fundamental verändert.

Vor allem bedeutet es, dass wir diese neue Lebensweise unter den Bedingungen der Vernetzung, die wir bislang allenfalls miterlebt haben, erst einmal verstehen müssen. Wir müssen begreifen, was uns da in den letzten Jahren überrollt hat. Wir und das Web müssen mit einander erwachsen werden.

Dieser fundamentale, durch das Internet und seine Nutzer herbeigeführte Strukturwandel, macht auch und gerade vor den Unternehmen nicht Halt. Sie müssen sich den Wünschen ihrer Kunden öffnen. Mit anderen Worten: sie müssen sich mit Kunden, Partnern und Mitarbeitern vernetzen – in einem bisher nicht vorstellbaren Maß. Und das gilt nicht nur für weltweit operierende Konzerne, sondern auch für jedes mittelständische Unternehmen! Oder wie es der amerikanische Management-Guru Tom Peters salopp formulierte: „Das Internet verändert ALLES. Beschäftigen Sie sich intensiv damit. Sonst wird es verdammt eng!

Warum aber wird ausgerechnet das Internet Protokoll IP für immer mehr Menschen zur gemeinsamen Basis ansonsten unterschiedlicher Kommunikationsprozesse Dienstleistungen und Geschäftsmodelle?

Das ganze Geheimnis dieser einmaligen Erfolgsstory ist eine ebenso einfache wie geniale Idee. Statt wie alle anderen Telekommunikations-Systeme die Endgeräte der jeweiligen Teilnehmer zu verbinden, also zu einem temporären Netz zusammenzuschalten, werden in einem IP-Netzwerk nur die eigentlichen Kommunikationsinhalte in Daten-"Paketen" geroutet, also zu einem Endgerät geleitet. Das schont nicht nur Netzwerk-Ressourcen, und macht die Kommunikation hocheffizient, es ermöglicht auch ganz unterschiedliche Daten über die gleichen Netze zu vermitteln. So können IP-Pakete alles Mögliche enthalten: eine Mail oder ein Video, ein Telefongespräch oder Geschäftsdaten, kurz: alles, was sich digital darstellen lässt.

Grundlage und Voraussetzung für die massenhafte Verbreitung dieses Konzepts, ist die Offenheit der Internet-Architektur. Jeder kann auf der Basis verbindlich definierter und frei zugänglicher Regeln, der Internet- Protokolle und Standards, eigene Anwendungen und Angebote entwickeln.

So wie Tim Berners-Lee es mit dem WWW tat: Er nutzte die bekannte Hypercard-Technologie, um ein Dokument mit einem anderen durch einen „Link“, also einen Verweis, zu verbinden. Indem er dieses Konzept auf die in einem IP-Netzwerk verteilten Dokumente anwendete, schuf er eine Möglichkeit vernetzter und multimedialer Zusammenarbeit. Und löste damit die größte mediale Revolution seit Gutenbergs Erfindung der Druckpresse aus.

Deswegen wachsen heute alle, früher einmal säuberlich getrennten Netze, vom Telefon- bis zum TV-Netz auf der Basis der Internet-Architektur zusammen. Und deswegen sind auch immer mehr Lebens- und Wirtschaftsbereiche davon fundamental betroffen: das Internet hält Einzug in alle Lebensbereiche. Zu Hause, unterwegs, am Arbeitsplatz und in der globalisierten Wirtschaft.

Das Internet hat sich also mitten in der aktuellen Krise und schneller als jedes andere vor ihm zu einem veritablen Massenmedium entwickelt. Zu einem Massenmedium "neuen Typs" allerdings. Waren in allen bisherigen, "linearen" Massenmedien "Sender" und "Empfänger" prinzipiell, technisch wie ökonomisch, voneinander unterschieden, so gilt dieses Kommunikationsparadigma im Internet nicht mehr: In diesem "interaktiven" Massenmedium kann jeder Nutzer sowohl Sender wie auch Empfänger sein und so prinzipiell jederzeit mit jedem anderen Nutzer in Austausch treten. Und je reifer und entwickelter das Internet und seine Nutzer sind, denken Sie etwa an Weblogs oder die P2P-Netze, desto mehr wird sich dieses Potential auch realisieren, desto mehr also wird das Internet zu einem interaktiven und personalisierten Massenmedium, werden.

Indem etwa die an einem Thema interessierten Nutzer eines Peer-To-Peer-Netzes direkt miteinander in Austausch treten, wirkt ihre vernetzte Kommunikation wie das Zusammenspiel unterschiedlicher sensorischer Impulse, aus denen sich im menschlichen Bewusstsein ein Bild seiner Umgebung zusammensetzt. – Sie erinnern sich an die Worte von Berners-Lee: Die Vernetzung bringt die Menschen dazu, immer mehr so zu funktionieren wie ihr eigenes Gehirn, ihr eigener Geist.

Dem haben nicht nur alle auf dieser Art der Vernetzung aufsetzenden Geschäftsmodelle Rechnung zu tragen: Sie müssen überlegen, wie Sie die Vorteile, die das Internet dem Nutzer bietet, insbesondere auch für Ihre Unternehmens-Kommunikation nutzen können.

Denn auch jede Form "kommerzieller Kommunikation", also der Austausch zwischen Unternehmen, Kunden und Partnern, ist von dieser Veränderung betroffen. Im Internet geht es nicht mehr um "Zielgruppen" und "Marktsegmente" sowie deren "kleinsten gemeinsamen Nenner", sondern um Wünsche und Bedürfnisse jedes einzelnen Nutzers und damit potentiellen Kunden. Nicholas Negroponte, der Gründer des Media Lab am MIT, hat darauf schon vor Jahren visionär hingewiesen:

“Instead of advertisers soliciting response, they’ll have to respond to the solicitations of potential customers.“

Nicht mehr das Marketing formuliert also die gewohnten "Messages". Im Gegenteil: Im Internet muss es auf Bedürfnisse und Interessen jedes einzelnen Kommunikationspartners adäquat reagieren.

Was Sie hier deutlich spüren, ist die „neue Macht“ des Kunden in einem von der Nachfrage geprägten Markt. Und der beschränkt sich nicht einmal auf das Web allein – wie beispielsweise die Reform der Rabattgesetze in Deutschland eindrucksvoll belegt.

Die Kunden sehen nicht mehr ein, warum sie auf die neue Freiheit und die ungewohnte Macht, die das Internet ihnen bietet, ausgerechnet bei Kommunikations-Angeboten verzichten sollten. Einfach weil sie inzwischen Besseres gewohnt sind. Das Problem liegt also auf der Anbieterseite, auf Seiten der Unternehmen, die immer noch nicht verstanden haben, wie sie die Wünsche ihrer Kunden erfüllen sollen. Denn genau darin besteht ja, wie Negroponte so richtig vorausgesagt hat, die eigentliche Aufgabe: Adäquat auf jeden einzelnen Kommunikationspartner und potentiellen Kunden zu reagieren.

Und das gilt nicht nur für das Marketing im engeren Sinn, sondern für jedes Kommunikations-Angebot im Internet, also erst recht für Corporate Communication. Doch damit nicht genug: Gleichzeitig erwachsen der Unternehmens-Kommunikation auch extern, ebenso neue und dynamische Herausforderungen, für die ich hier stellvertretend nur 2 herausgreifen möchte:
- „Meinungs-Seiten“, wie etwa Ciao.com in Deutschland, wo nicht nur Preisvergleiche angestellt, sondern auch die Erfahrungen mit Produkten und Dienstleistungen schnell und unkompliziert ausgetauscht werden können. Wehe dem Unternehmen, das hier in die „Schusslinie“ verärgerter Kunden gerät!
- Noch schneller und effektiver wirken die sog. „Weblogs“ oder „Blogs“: Hier macht nicht nur der Autor eines solchen „Online-Tagebuchs“ seinem Ärger Luft, jeder Besucher kann auch gleich seinen Kommentar dazu abgeben. Darüber hinaus sorgt die automatische Verlinkung vieler Blogs unter einander dafür, dass eine Meldung sich blitzartig durch die weltweite „Blogosphere“ verbreitet: So erlebte „Jamba“ erst kürzlich einen Kommunikations-GAU, als der „Spreeblick“-Blog die unseriösen Abo-Modelle des Klingelton-Anbieters an den Pranger stellte.

Weblogs können für Unternehmen, die immer noch nicht gelernt haben, die Vorteile, die das Internet durchaus für die eigene Kommunikation zu bieten hat, auch zu nutzen, genau das werden, was die Tauschbörsen in den P2P-Netzen für die Musik-Industrie bereits sind: eine existentielle Bedrohung. Denn woraus begründet sich der, auf den ersten Blick unglaubliche Erfolg dieser Phönomene? Sie nutzen einfach und konsequent die Vorteile, die das Internet seinen Nutzern zu bieten hat, während die meisten Unternehmen offensichtlich noch lernen müssen, dynamisch auf die ebenso dynamischen Stimuli des Marktes, der Mitarbeiter und vor allem der Kunden zu reagieren. Denn daran führt kein Weg vorbei!

A propos „Kunde“: Wie sieht der Wandel, den die mediale Kommunikation durch das Internet erfahren hat, eigentlich aus Perspektive des Kunden aus?

Vernetzung wird für den Kunden immer mehr zur Selbstverständlichkeit und ebenso genutzt – und damit zu einem „Lifestyle-Phänomen“. Da Wirtschaft sich aber – wenn überhaupt – einem Lifestyle nur im Sinne seiner Verwertung widmen kann, während der Kunde als „Zeitgenosse“ ihn nicht etwa nur konsumiert, sondern (er-)lebt und bewusst oder unbewusst vorantreibt und gestaltet, hat sich eben dieser Kunde zum „Motor“ der Network Economy entwickelt:

Der nächste große Entwicklungsschritt in der vernetzten Kommunikation wird vom Endkunden und Konsumenten ausgehen und getrieben werden.

Die Wirtschaft hat sich – gerade im „High-Tech“- und im Telekommunikations-Sektor - nicht nur verausgabt, sie hat sich schlicht übernommen. Darüber hinaus erlebt sie z. Z. einen Strukturwandel wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Wirtschaft hat, um es kurz zu machen, das Vertrauen in sich selbst verloren. Sie verhält sich in dieser Situation wie ein angeschlagener Boxer im Ring und folgt einem „Flucht-Instinkt“ in Form einer „Innovationsverweigerung“.

All das spielt für den Konsumenten keine (kauf-) entscheidende Rolle. Sicher wirft er, zumal in unsicheren Zeiten, nicht sein Geld um sich. Hat er sich aber erstmal an das Neue gewöhnt, sieht er, dass „es weiter geht“, dann will er auch wieder dies oder das kaufen, erledigen oder ausdrücken. Dabei spielt die Art des Angebots für ihn keine wesentliche Rolle – wirtschaftlich nicht, so lange er sie sich leisten kann, und technisch nur dann, wenn die Faszination der Technologie auf ihn abzufärben verspricht: wie die „PS“ des Autos früher oder die Megahertz(en) des Laptops heute.

Nicht die Beschaffenheit einer Lösung, die in ihr enthaltene technische Eleganz und Ingenieurs-Kunst, sondern allein das Ergebnis zählt. Und das soll gefallen. Das war früher, unter den Bedingungen industriell gefertigter Serialität, allenfalls an der Oberfläche möglich. Die digitalen Produkte der Network Economy erlauben dagegen eine sehr viel weiter gehende Differenzierung, ja Individualisierung. In der digitalen Manufaktur der Zukunft werden Produkte „on demand“, also den Wünschen des Kunden entsprechend gefertigt – wenn er nicht selbst daran beteiligt wird: Er wird vom „Consumer“ immer mehr zu einem „Prosumer“.

Der Trend, der sich in diesem Phänomen zeigt, geht weit über die darin erkennbare Partikularisierung der Angebote und die Personalisierung der Produkte hinaus. Er verweist auf einen rasant zunehmenden Wunsch nach Selbstbestimmung. Was im gesellschaftlichen Diskurs noch nicht thematisiert wird, findet auf der konvergenten technischen Plattform des Informationszeitalters bereits täglich statt: Interaktion und Personalisierung. Und damit wird der Kunde in der vernetzten Wirtschaft auf einmal wieder, was er angeblich schon so lange ist: ein „König“. Nur weiß er davon (noch) nichts. Doch über kurz oder lang wird er es merken und sich seiner Macht bewusst werden.

Und die Wirtschaft wird sich mit diesem neuen Kunden anfreunden müssen. Dabei muss sie zunächst einmal lernen, Kunden nicht juristisch zu bekämpfen, sondern die Wünsche ihres Kunden, d. h. auch seine Gewohnheiten, Denkweisen und Vorlieben, zu verstehen, um ihm entsprechende Angebote zu machen. Jedes einzelne Unternehmen muss also wirklich bereit und in der Lage sein zu lernen, will es nicht sang- und klanglos von der Bühne zu verschwinden.

Wer diese neue Rollenverteilung aber verstanden hat, wer sie mit eigenen Informationen und Inhalten ebenso bereichert wie mit neuen Produkten und Dienstleistungen, dem ist kommunikativer und kommerzieller Erfolg so gut wie sicher. So hat Apple aus einer „Musik-Strategie“ innerhalb von 3 Jahren mit dem iPod und dem „iTunes Music Store“ ein Milliarden-Geschäft gemacht, das gerade dabei ist, das Kerngeschäft des Computerherstellers zu überflügeln!

Wir alle müssen offensichtlich lernen, die Welt und unser Geschäft durch die Kunden-Brille zu sehen, die Erfahrungen des Kunden mit ihm zu teilen. Das eigene Unternehmen weniger am Börsenwert als an dem Wert, den es für den Kunden hat, zu messen. Einfach um die offensichtliche Energie, die dieser neue Kunde entfaltet, für das Unternehmen nutzbar zu machen. Und das wird nur funktionieren, wenn wir alle lernen, mit unseren Kunden auf gleicher Augenhöhe zu kommunizieren. Dazu müssen wir unserem Kunden erstmal genau zuhören. Nur so, als passionierte Zuhörer und (bei Bedarf) auch kompetente Gesprächspartner, haben die Unternehmen im Internet die Chance schon heute Trends zu erkennen, die morgen den Mainstream-Markt bestimmen werden.

Warum das sowohl (über-)lebensnotwendig als auch Erfolg versprechend ist, kann man von eBay lernen: Jeder neue Nutzer macht die Auktionsplattform noch attraktiver für noch mehr potentielle Nutzer. Und erhöht gleichzeitig den Umsatz, den eBay mit den Online-Auktionen erzielt. Von entscheidender Bedeutung für diese Attraktivität ist das Bewertungssysten für Verkäufer (die „Sterne“ neben den Namen), das eine inzwischen hochgeschätzte Internet-„Währung“ etabliert hat: Vertrauen. Ein Vertrauen, wie es ansonsten nur unter guten Bekannten zu finden ist. Ein so vertrauter Partner der eigenen Kunden zu sein, muss zum Ziel jeder Kommunikations-Strategie im Internet werden.

„Wir haben verstanden“ darf hier also kein hohler Werbe-Slogan bleiben, sondern muss zur erlebten Realität des Kunden werden. Wie aber sieht dieser „Kunde“ im besonderen Fall der Unternehmens-Kommunikation konkret aus? Er tritt einmal als Vertreter der Medien und zum anderen als Endkunde und Nutzer des Kommunikationsangebots eines Unternehmens auf. Allerdings macht hier eine Unterscheidung in „B2B“ und „B2C“, deren Wert ganz grundsätzlich angezweifelt werden darf, überhaupt keinen Sinn mehr.

Es geht ja vielmehr darum, die Wünsche und Ziele jedes einzelnen Kommunikationspartners genauso zu verstehen, wie seine persönliche Disposition und seine Fähigkeit im Umgang mit dem interaktiv genutzten Medium, um ihm entsprechende Angebote vorlegen zu können. Nichts anderes bedeutet „Personalisierte Kommunikation“ im Internet. Der für den Kommunikations-Partner entscheidende „Nutzwert“ besteht dabei in qualifizierten Inhalten; die (journalistische) Qualität sorgt für Glaubwürdigkeit, in der Konsequenz also für Vertrauen. Beides mit „menschlicher Sprache“ und auf „Augenhöhe“ mit dem Kunden auszudrücken, wie es die Autoren des „Cluetrain Manifesto“ von der Unternehmens-Kommunikation im Internet fordern, schafft ein Gemeinschaftsgefühl, dessen Ergebnis durchaus eine virtuelle Gemeinschaft, eine „Community“ im Netz sein kann.

Gerade in einer solchen Gemeinschaft hat Kommunikation als „Einbahnstraße“ nichts verloren. Gerade hier kommt alles auf Interaktion, sprich: den Dialog unter Gleichen an. Dabei geht es immer darum, die in der Community gestellten Fragen und diskutierten Themen aufzunehmen, um den eigenen Antworten Gehör zu verschaffen. Ob durch eigene Weblogs entscheidender Mitarbeiter, wie von Sun Micro erfolgreich praktiziert, oder durch engagierte Beiträge in Foren und Chats.

Eine weitere Voraussetzung für das Gelingen ist es allerdings, dass die Kommunikations-Strategie und das Geschäftsmodell des Unternehmens in der Wahrnehmung der Nutzer-Kunden auch übereinstimmen. Wer „politically correct“ kommuniziert, muss auch „pc“ handeln. Sonst droht der bereits zitierte „GAU“, nämlich der Hass der Community. Fragen Sie Jamba oder auch McDonalds, was für unangenehme Folgen der haben kann.

Wer Unternehmens-Kommunikation also als Kunden-Orientierung, als Interaktion mit dem Kunden versteht, der hat ein wesentlichen Kriterium für eine erfolgreiche Kommunikations-Strategie im Internet erfüllt. Was sind die Grundlagen dafür?

- ein vollständig – intern wie extern vernetztes Unternehmen als Voraussetzung für eine ebenso vernetzte Kommunikation
- Mitarbeiter, die diese Vernetzung nicht nur akzeptieren, sondern „leben“!
- Ein neues Kundenbild durch die gesamte Organisation hindurch, denn der Kunde ist nicht nur König, er ist der Kern Ihres Netzwerkes – nicht etwa die Telekom oder Ihr Rechenzentrum. Denn je weiter Sie ihren Kunden von der Peripherie ins Zentrum holen, desto weniger wird er Ihr Netz wieder verlassen wollen – bauen Sie Ihr Netz also um Ihre Kunden herum!
- Nutzen Sie innovative Kommunikationsmittel und alle Möglichkeiten die das Internet bietet: Kunden- und Mitarbeiter-Communities, Weblogs, Foren und Chats
- Lassen Sie ihr Unternehmen offen und transparent wirken; verschaffen Sie ihm ein „menschliches Gesicht“: Nur so ist ein „Dialog unter Gleichen“ möglich.

All das ist notwendig für eine erfolgreiche CC-Strategie im Internet-Zeitalter. Noch wichtige ist es allerdings, dass wir alle lernen unseren Kunden zuzuhören – um darauf einen qualifizierten, individuellen Dialog mit dem Kunden aufbauen zu können. Nur wer diesen Zusammenhang heute schon versteht, ist auch in der Lage die richtigen Entscheidungen für die vernetzte Zukunft in seinem Unternehmen zu treffen.

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