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Ossi Urchs
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Von ossiu am 13.06.05

Read A Book (or two)!

Kreta war mal wieder wunderbar! Durch tiefe Schluchten und über hohe Berge rennen, im frühlingsfrischen Mittelmeer baden, im Café sitzen und dicke Bücher lesen: Herz, was begehrst Du mehr?

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2 Bücher habe ich bei dieser Gelegenheit geradezu verschlungen und möchte nicht versäumen, sie der geneigten Leserschaft dringend ans Herz legen.

Da war zuerst mal "Life of Pi" von Yann Martel (Danke für den Tip, Peter!). Wer auch nur einigermaßen des Englischen mächtig ist, sollte sich unbedingt den Gefallen tun, und das Buch im Original lesen: der Sprachwitz Martels ist mindestens so unglaublich wie die Geschichte des Jungen Pi, der in Seenot zusammen mit einem bengalischen Königstiger den Pazifik in einem Rettungsboot befährt. Dem spanischen Autor kanadischer Abstammung (!) gelingt es auf geradezu unglaubliche Weise, sich in die Gedanken- und Sprachwelt eines Jungen aus dem südinischen Pondicherry (of Shri Aurobindo fame) zu versetzen, der sich zunächsdt einmal auf die Suche nach der eigenen Spiritualität macht und dann mit ganz anderen Fragen konfrontiert wird. Wunderbar!

Eine ganz und gar andere Sicht auf Indien und seine Menschen bietet Rohinton Mistry in seinem Roman "Das Gleichgewicht der Welt"(Danke für den Tip, Christine!). Der in Bombay geborene Parsi, der inzwischen wie Martel auch in Kanada lebt (da muss ein kreatives morphogenetisches Feld sondergleichen entstanden sein!) entwirft hier ein monumentales Bild des modernen Indien von den Zeiten der Unabhängigkeit, über den fast schon vergessenen Ausnahmezustand in den 70er Jahren bis in die Zeit der Sikh-Unruhen nach Indira Ghandis unseligem Sturm auf den Goldenen Tempel in Amritsar in den 80er Jahren. Ein Bild, konsequent aus der Perspektive der Verlierer: ob es nun die ehemals wohlsituierte Dame aus Bombay ist, den Jungen aus dem Himalaya, der zum Studium nach Bombay kommt, oder um die beiden Schneider, die der Kaste der Lederverarbeiter entstammen und ihr Dorf verlassen haben, um in der großen Stadt am Meer ihr Glück zu suchen.

Wer sich auch nur ein wenig für das moderne Indien interessiert, der findet in diesem Buch zahllose Hintergründe und Informationen, die dieses ebenso fasznierende wie immer noch fremdartige Land auf einmal sehr viel verständlicher und näher erscheinen lassen. Die Grausamkeit und Korruption indischer Politiker, das unsägliche Elend des indischen Kastenwesens (schon Ghandi nannte es den "Fluch Indiens"!), die großartige Würde der Handwerker, Bettler und kleinen Ganoven, die auf den Straßen von Bombay leben, wird hier so lebendig als geschehe das alles in nächster Nachbarschaft. Was auch immer ihnen widerfährt, eines lassen sich diese Menschen niemals nehmen: ihren Humor. Ihre einzige Waffe und gleichzeitig ihr einziger Trost in einer Welt, in der sie keine Chance haben. Rohinton Mistry hat den wunderbaren Menschen, die Indiens eigentlicher Reichtum sind, mit seinem Buch ein würdiges Denkmal gesetzt. Unbedingt lesen!

Kommentare …

hey, danke fuer den tipp mit rohinton mistry, wollte ich immer schon reingeschaut haben, aber die dinger sind halt lang, und man will kein risiko eingehen ... aber jetzt!

gegentipp: vikram chandra, "love and longing in bombay" (auf deutsch "die fuenf seiten des lebens", bei aufbau, ist deutsch aber nur noch 'antiquarisch' zu kriegen) das ebenfalls das 'moderne' indien zeigt, programmierer, schwule maler, rassenunruhen, upper class, und das alles in einem sehr tollen ton, irdischer als die meisten anderen sachen, die man an neuerer angloindischer literatur findet.

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21.06.05 00:01   von martin