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Von ossiu am 08.04.05

"Spiegel" entdeckt Sartre

Natürlich hat Romain Leick, obwohl er im "Spiegel" dieser Woche doch vorgibt ein ganz ein Schlauer zu sein, den größten französischen Intelektuellen des vergangenen Jahrhunderts nicht allein entdeckt. Da aber anlässlich Sartes 100. Geburtstags die französischen Medien voll von Würdigungen des ebenso streitbaren wie umstrittenen Geistes sind, dachte sich der clevere Spiegel-Mann wohl: "Wozu gibts ein Archiv?" Und siehe da - er wurde fündig.
Leider las er dort offenbar von Theaterstücken, die er nicht kannte ("Die ehrbare Dirne") und von philosophischen Wälzern, die er nicht verstand, wie "Das Sein und das Nichts" oder "Kritik der dialektischen Vernunft". Nun ist gerade Sartres Kritik seiner materialistischen und existentialistischen Vordenker nichts für Philosophie-Anfänger und schon gar nichts für schnell schreibende Schmalspurdenker à la Leick.
Wie aber der von allen guten Geistern so nachhaltig verlassene Spiegel-Schreiber darin eine Gewalt-Apologetik, also eine eigentlich religiöse Rechtfertigung, entdecken konnte, das weiss er wahrscheinlich nicht einmal selbst. Sartre erklärt in der Einleitung der Kritik jedenfalls das Ziel seines Unternehmens so: es geht um die Beantwortung der Frage, wie die "Erkenntnis einer Geschichte" möglich sein kann.
Klar, das ist nicht der Stoff, aus dem man eine "Spiegel"-Story baut. Also hält er sich lieber an Sartres "Verteidigung" der RAF anlässlich seines Besuches im Stammheiner Hochsicherheitstrakt - und vergisst völlig, dass die Verteidigung jedes Andersdenkenden für den französichen Intelektuellen - in bester Tradition deutscher und französischer Aufklärung - selbstverständlich war. Selbst wenn Sartre den anders handelnden und nicht sehr viel denkenden Andreas Baader präzise als "Arschloch" charakterisierte.
Und dann bleibt dem nun ganz und gar verwirrten Spiegelmann nur noch, über Sartres "krötenhafte Hässlichkeit" zu sinnieren. Je nun - über Geschmack lässt sich nicht streiten. Und über soviel zu Papier genbrachte Dummheit schon gar nicht!
(Sartre) selber lesen macht schlau!

Kommentare …

Sartre hat in seinem Leben seine Auffassungen mehrfach revidiert und sich ständig auf neue Herausforderungen eingelassen. Ihn jetzt auf die Gewaltfrage (wie bei Dutschke) festzunageln, entspringt einem provinziellen Fast-Food-Denken. Also ,wie Ossi schon schreibt, mal wieder Sartre lesen und selber denken!

Lesetipp: "Die Wörter". Darin erklärt Sartre seine philosophischen Lebensentwürfe auf verständliche Weise.

Capt. Globo

09.04.05 13:15   von Captain Globo