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Von ossiu am 13.04.05

"No Risk, No Fun" - E-Business als Herausforderung für den Handel

Vortrag beim SCHUFA Kundentag für Versandhandel und E-Commerce in Wiesbanden, April 2005

Als vor 11 Jahren die erste Online-Transaktion im WWW glückte, da träumte man allenthalben von einer gesegneten Zukunft im Zeichen des E-Commerce. Damals ging mit „Net-Market“ nicht nur die erste E-Commece-Website online, im Juli 2005 wird auch amazon.com schon 10 Jahre alt. Inzwischen sind, laut BVDW, allein im Deutschland 230.000 E-Commerce-Shops online. E-Commerce hat also, wenn nicht unser Leben, dann doch unser Einkaufsverhalten entscheidend verändert.

Bücher und DVDs kaufen wir bei Amazon, Apples iTunes-Store hat digitale Musik zu einem Teil unseres Lebens gemacht, und die Schnäppchen auf eBay machen Geiz erst richtig geil. Auch „Otto“ find ich im Web besonders gut, und im Internet wird aus Einer wirklich „Meine Quelle“:

Erfolg wird bei all diesen Unternehmungen nicht linear, sondern, wie immer in vernetzten Umgebungen exponentiell gemessen: Denn intern hilft die Vernetzung dabei Prozesse zu vereinfachen, Hierarchien abzubauen und Laufzeiten zu verkürzen, also Kosten zu sparen, während extern über das Internet neue Märkte erschlossen und neue Kunden gewonnen werden – insbesondere für etablierte Versandhändler tun sich hier buchstäblich neue Welten auf.

Das sind die Chancen, ihnen gegenüber stehen allerdings mindestens so große Herausforderungen, die den Handel beim E-Commerce-Engagement erwarten. Und so kommt gerade hier einem Satz, den der Risk-Management Experte Frank Romeike in seinem Buch „Modernes Risikomanagement“ formulierte, ganz besondere Bedeutung zu:
„Nur die Unternehmen, die ihre Risiken vorausschauend erfassen, steuern und kontrollieren werden langfristig erfolgreich sein.“

Der Übergang vom Industrie- zum Informationszeitalter ist eben nicht so einfach und risikolos zu bekommen wie wir alle, sicher ein wenig naiv, dachten. Gilt es doch, nicht nur den Umgang mit einem neuen Medium zu erlernen - schon das allein ist schwer genug. Es geht heute darum, ganz neue Formen der Arbeit und des Wirtschaftens zu realisieren – um einen fundamentalen „Relaunch“ des ganzen Unternehmens mithin.

Für den Versandhandel über das Internet kommen dazu noch weitere spezifische Herausforderungen und Risiken (Klick!):
- eine ebenso durchdachte wie exakt definierte „Multi-Channel-Strategie“ muss in der Kundenkommunikation wie bei der eigentlichen Transaktion etabliert werden; dabei reicht es nicht, die Kunden möglichst zahlreich in den kostensenkenden „Online-Channel“ zu bewegen – Spezifika neuer mobiler oder auch digitaler (Transaktions-)TV-Kanäle müssen berücksichtigt werden;
- es reicht auch nicht den traditionellen Print-Katalog ins Web „zu stellen“; der Online-Channel muss zu einer einfach zu bedienenden und attraktiven Interaktions-Plattform ausgebaut werden, die der Kunde weitgehend selbst gestalten und managen kann;
- die herkömmliche und umfassende Bonitätsprüfung muss durch eine in Echtzeit online funktionierende „Fraud-Prevention“ ergänzt werden, deren Preisgestaltung dem durchschnittlichen Transaktions-Volumen entspricht; gerade der schnell wachsende Online-Vertrieb von digitalen Waren, Musik und Videos, Spiele und Software, basiert nicht nur auf geringen Margen bei hohem Volumen - der bei einer Transaktion erzielte Umsatz liegt meist auch deutlich unter 10 €;
- gerade bei einer Online-Transaktion, bei der beide Beteiligte sich oft weitgehend anonym gegenüber treten, muss ein externer Dritter, als „Trusted Third“ Vertrauen in Ablauf und Ergebnis der Transaktion auf beiden Seiten schaffen – sicher auch eine lohnende Aufgabe für unseren heutigen Gastgeber!


Diese Aufzählung erhebt keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit, sie soll lediglich die Vielfalt der neuen Aufgaben illustrieren – soll E-Biz nicht im „Schwarzen Loch“ (Folie!) enden. Für eine erfolgreiche E-Business-Strategie reicht es also nicht, vernetzte Strukturen und Abläufe aufzubauen; digitale und analoge Elemente, technische und wirtschaftliche Aspekte, virtuelle und höchst reale Welten müssen in einem E-Business-Unternehmen reibungslos miteinander funktionieren. Ein langer und beschwerlicher Weg. Aber eben auch ein lohnender und durchaus profitabler Lernprozess.

Das Ziel dieses Lernprozesses hat Tim Berners-Lee, der Vater des World Wide Web, dessen Original-Vorschlag zu einem World Wide „Mesh“ aus dem Jahr 1992 Sie auf der Folie sehen, in seinem Buch „Weaving the Web“ auf den Begriff gebracht:

"The Web brings the working of society closer to the working of our minds."
Tim Berners-Lee

In einer vernetzten Gesellschaft und Wirtschaft müssen wir also lernen, so zu funktionieren wie unser eigener Geist. Das hört sich einfach an, ist aber von den philosophischen wie von den wirtschaftlichen Implikationen ausgesprochen schwer zu realisieren. Bevor wir uns dieser Zukunftsaufgabe widmen, scheint es angebracht, einen Moment bei der Gegenwart des Internet zu verweilen, denn die sieht, jenseits aktueller Depressionen, an den Börsen wie in den Köpfen, gar nicht so übel aus:

- Über 660 Millionen Menschen haben Zugang zum Internet, 38 Millionen davon allein in Deutschland (laut NUA und GfK) – ca. 60% aller Erwachsenen ...
- Über 60 Millionen WWW-Domains weltweit und ca. 8,5 Millionen .DE-Domains gibt es heute
- Die schier unvorstellbare, wenn auch mit Vorsicht zu genießende Zahl von 6 Milliarden Web-Seiten ist online und
- 2004 Retail-E-Commerce in D 22.3 Mill. € (+74%), bis 2008 Steigerung auf 89,4 Mill. € (European Information Technology Observatory im Auftrag des Bitkom)

Und damit ist das Internet nicht nur das am schnellsten gewachsene Medium aller Zeiten, es ist zu einem unverzichtbaren Bestandteil unsers alltäglichen Lebens, unserer Arbeit wie unserer Freizeit geworden.

Was bedeutet es denn eigentlich, wenn aktuell über 20 Millionen Menschen allein in Deutschland im Web einkaufen und ihre Bankgeschäfte erledigen? Einen Strukturwandel unseres Einkaufsverhaltens und unseres Wirtschaftslebens. Es bedeutet aber auch und darüber hinaus, dass sich unsere ganze Art zu leben und zu lernen, zu arbeiten und Geschäfte zu machen gerade fundamental verändert.

Vor allem bedeutet es, dass wir diese neue Lebensweise unter den Bedingungen der Vernetzung, die wir bislang allenfalls miterlebt haben, erst einmal verstehen müssen. Wir müssen begreifen, was uns da in den letzten Jahren überrollt hat. Wir und das Web müssen mit einander erwachsen werden.

Dieser fundamentale, durch das Internet und seine Nutzer herbeigeführte Strukturwandel, macht auch und gerade vor dem Handel nicht Halt. Sie müssen sich den Wünschen ihrer Kunden öffnen. Mit anderen Worten: sie müssen sich mit Kunden, Partnern und Mitarbeitern vernetzen – in einem bisher nicht vorstellbaren Maß. Und das gilt nicht nur für weltweit operierende Konzerne, sondern auch für jedes kleine und für jedes mittelständische Unternehmen! Oder wie es der amerikanische Management-Guru Tom Peters salopp formulierte: „Das Internet verändert ALLES. Beschäftigen Sie sich intensiv damit. Sonst wird es verdammt eng!“

So schön das klingt, so problematisch kann dieser Weg in der Praxis sein. Wir alle müssen doch erst einmal lernen, das eigene, nun hoffentlich bereits vielseitig vernetzte Unternehmen dynamisch auf die ebenso dynamischen Stimuli des Marktes, der Mitarbeiter und vor allem der Kunden reagieren zu lassen. Denn daran führt kein Weg vorbei!

A propos „Kunde“: Bislang haben wir den Übergang von der Industrie zur Informations-Gesellschaft wesentlich von der Unternehmensseite aus betrachtet. Wie aber sieht dieser Wandel aus Perspektive des Kunden aus?

Vernetzung wird für den Kunden immer mehr zur Selbstverständlichkeit und ebenso genutzt – und damit zu einem „Lifestyle-Phänomen“. Da Wirtschaft sich aber – wenn überhaupt – einem Lifestyle nur im Sinne seiner Verwertung widmen kann, während der Kunde als „Zeitgenosse“ ihn nicht etwa nur konsumiert, sondern (er-)lebt und bewusst oder unbewusst vorantreibt und gestaltet, hat sich eben dieser Kunde zum „Motor“ der Network Economy entwickelt:

Der nächste große wirtschaftliche Entwicklungsschritt in der vernetzten Kommunikation wird vom Endkunden und Konsumenten ausgehen und getrieben werden.

Die Wirtschaft hat sich – gerade im „High-Tech“- und im Telekommunikations-Sektor - nicht nur verausgabt, sie hat sich schlicht übernommen, wie das Platzen der Börsen-Blase auf dem Höhepunkt des „Dotcom-Booms“ eindrucksvoll belegte. Darüber hinaus erlebt sie z. Z. einen Strukturwandel wie seit Jahrzehnten nicht mehr: die aktuelle Diskussion um die Reform der Sozial-, Gesundheits- und Rentensysteme sind ein beredter Ausdruck davon. Die Wirtschaft hat, um es kurz zu machen, das Vertrauen in sich selbst verloren. Sie verhält sich in dieser Situation wie ein angeschlagener Boxer im Ring: er folgt seinem „Flucht-Instinkt“

All das spielt für den Konsumenten keine (kauf-) entscheidende Rolle. Sicher wirft er, zumal in unsicheren Zeiten, nicht sein Geld um sich. Hat er sich aber erstmal an das Neue gewöhnt, sieht er, dass „es weiter geht“, dann will er auch wieder dies oder das kaufen, erledigen oder ausdrücken. Dabei spielt die Art der Lösung für ihn keine wesentliche Rolle – wirtschaftlich nicht, so lange er sich die Lösung leisten kann, und technisch nur dann, wenn die Faszination der Technologie auf ihn abzufärben verspricht: wie die „PS“ des Autos früher oder die Megahertz(en) des Laptops heute.

Nicht die Beschaffenheit einer Lösung, die in ihr enthaltene technische Eleganz und Ingenieurs-Kunst, sondern allein das Ergebnis zählt. Und das soll gefallen. Das war früher, unter den Bedingungen industriell gefertigter Serialität, allenfalls an der Oberfläche möglich. Die digitalen Produkte der Network Economy erlauben dagegen eine sehr viel weiter gehende Differenzierung, ja Individualisierung. In der digitalen Manufaktur der Zukunft werden Produkte „on demand“, also den Wünschen des Kunden entsprechend gefertigt – wenn er nicht selbst daran beteiligt wird.

Der Trend, der sich in diesem Phänomen zeigt, geht weit über die darin erkennbare Partikularisierung der Wirtschaft und die Personalisierung der Produkte hinaus. Er verweist auf einen rasant zunehmenden Wunsch nach Selbstbestimmung, deren Kehrseite - eine ebenso dramatisch zunehmende Selbstverantwortung des Einzelnen - allerdings bislang noch kaum Beachtung findet. Was im gesellschaftlichen Diskurs noch nicht einmal thematisiert wird, findet auf der konvergenten technischen Plattform des Informationszeitalters bereits täglich statt: Interaktion und Personalisierung. Und damit wird der Kunde in der vernetzten Wirtschaft auf einmal wieder, was er angeblich schon so lange ist: ein „König“. Nur weiß er davon (noch) nichts. Doch über kurz oder lang wird er es merken und sich seiner Macht bewusst werden.

Und die Wirtschaft wird sich mit diesem neuen Kunden anfreunden müssen. Dabei muss sie zunächst einmal lernen, Kunden nicht juristisch zu bekämpfen, wie es die Musik-Industrie versucht, sondern die Wünsche ihres Kunden, d. h. auch seine Gewohnheiten, Denkweisen und Vorlieben, zu verstehen, um ihm entsprechende Angebote zu machen. Jedes einzelne Unternehmen muss also wirklich bereit und in der Lage sein zu lernen, will es nicht sang- und klanglos von der Bühne zu verschwinden.

Wer diese neue Rollenverteilung aber verstanden hat, wer sie mit eigenen Informationen und Inhalten ebenso bereichert wie mit neuen Sichtweisen und Dienstleistungen, dem ist kommunikativer und kommerzieller Erfolg so gut wie sicher. So hat Apple aus einer „Musik-Strategie“ innerhalb von 2 Jahren mit dem iPod und dem „iTunes Music Store“ ein Milliarden-Geschäft gemacht, das gerade dabei ist, das Kerngeschäft des Computerherstellers zu überflügeln!

Gerade für den Handel im Internet, der in unmittelbaren Kontakt zu diesem neuen und selbstbewussten Kunden steht, kommt es also darauf an, sich als ganz und gar „kundenzentriertes“ Unternehmen – mit allen Chancen und Risiken, die das bedeutet - neu zu erfinden. Und dazu reicht es keineswegs, eine Multi-Channel-Strategie zu entwickeln und das eigene Angebot aus dem Korsett des Print-Katalogs in eine dynamische Website zu überführen.

Wir alle müssen lernen, die Welt und unser Geschäft durch die Kunden-Brille zu sehen, die Erfahrungen des Kunden mit ihm zu teilen. Das eigene Unternehmen weniger am Börsenwert, sondern an dem Wert, den es für den Kunden hat, zu messen. Einfach um die offensichtliche Energie, die dieser neue Kunde entfaltet, für das Unternehmen nutzbar zu machen. Und das wird nur funktionieren, wenn wir alle lernen, mit unseren Kunden auf gleicher Augenhöhe und mit menschlicher Sprache zu kommunizieren. Dies alles dient nur einem Zweck: unserem Kunden genau zuhören zu können. Nur so, als passionierte Zuhörer und (bei Bedarf) auch mal kompetente Gesprächspartner, haben die Unternehmen im Internet die Chance schon heute Trends zu erkennen, die morgen den Mainstream-Markt bestimmen werden. (Klick!)

Warum das sowohl (über-)lebensnotwendig als auch Erfolg versprechend ist, kann jeder Online-Händler von eBay lernen: Jeder neue Nutzer macht die Auktionsplattform noch attraktiver für noch mehr potentielle Nutzer. Und erhöht gleichzeitig den Umsatz, den eBay mit den Online-Auktionen erzielt. Von entscheidender Bedeutung für diese Attraktivität ist das Bewertungssysten für Verkäufer (die „Sterne“ neben den Namen), das eine inzwischen hochgeschätzte Internet-„Währung“ etabliert hat: Vertrauen. Ein Vertrauen, wie es ansonsten nur unter guten Bekannten zu finden ist. Ein so vertrauter Partner der eigenen Kunden zu sein, erhöht erneut den Wert der Plattform, des Unternehmens und last but not least der Umsätze.

„Wir haben verstanden“ darf hier also kein hohler Werbe-Slogan bleiben, sondern muss zur erlebten Realität des Kunden werden. Es geht also darum, die Wünsche und Ziele jedes einzelnen Nutzers und damit potentiellen Kunden genauso zu verstehen, wie seine persönliche Disposition und seine Fähigkeit im Umgang mit dem Medium, um ihm darauf aufbauend entsprechende Angebote vorlegen zu können.

Ganz oben auf der Wunschliste der E-Commerce-Kunden, das belegen alle aktuellen Untersuchungen, steht, noch vor gutem Service und einem aktuellen Sortiment, die Sicherheit ihrer Zahlung im Internet –sozusagen „Risk-Management“ aus der Kunden-Perspektive. Während für den Händler solche Risken ebenso mess- wie lösbar sind, bleiben die Kunden zumindest misstrauisch. Viren und Spyware tragen zu diesem unguten Gefühl ebenso bei, wie immer zahlreicher werdende, kriminelle „Phishing-Attacken“. 30 Millionen Amerikaner, so schätzt eine Studie, wurden bereits zum Ziel solcher Angriffe auf sensible Kundendaten, 2 Millionen zu ihren Opfern.

Vertrauensbildende Maßnahmen allein reichen hier nicht mehr aus. Online-Zahlungen müssen einfach und sicher erfolgen – für beide an einem Geschäft beteiligte Seiten. Das gilt in der Online-Welt wie offline. Unser Gastgeber hat dieser Entwicklung durch zahlreiche neue und differenzierte Risk-Management-Tools Rechnung getragen. Und ich kann aus eigener Erfahrung bei der Implementierung des Ident-Checks auf der komplexen Web-Plattform eines Kunden sagen: es sind effektive, auf die unterschiedlichen Bedürfnisse unterschiedlicher Kunden ausgelegte Lösungen.

Und solche passgenauen Lösungen werden umso wichtiger, je zahlreicher und unterschiedlicher Online-Einkäufe werden. Sie brauchen unterschiedliche Tools zum Management ganz unterschiedlicher Transaktionen – ob Sie einem Geschäftspartner regelmäßig eine höhere Rechnung stellen oder ob Sie ein Musik-Stück für einen Euro verkaufen. Genau das erwarten Ihre Kunden heute selbstverständlich von Ihnen. Und wir wären schlecht beraten, diesen Kundenwunsch nicht ernst zu nehmen und wo immer möglich zu erfüllen.

Warum aber wird ausgerechnet das Internet Protokoll IP für immer mehr Menschen zur gemeinsamen Basis ansonsten unterschiedlicher Kommunikationsprozesse Dienstleistungen und Geschäftsmodelle?

Das ganze Geheimnis dieser einmaligen Erfolgsstory ist eine ebenso einfache wie geniale Idee. Statt wie alle anderen Telekommunikations-Systeme die Endgeräte der jeweiligen Teilnehmer zu verbinden, also zu einem temporären Netz zusammenzuschalten, werden in einem IP-Netzwerk nur die eigentlichen Kommunikationsinhalte in Daten-"Paketen" geroutet, also zu einem Endgerät geleitet. Das schont nicht nur Netzwerk-Ressourcen, und macht die Kommunikation hocheffizient, es ermöglicht auch ganz unterschiedliche Daten über die gleichen Netze zu vermitteln. So können IP-Pakete alles Mögliche enthalten: eine Mail oder ein Video, ein Telefongespräch oder Geschäftsdaten, kurz: alles, was sich digital darstellen lässt.

Grundlage und Voraussetzung um solche Möglichkeiten auch erfolgreich nutzen zu können, ist die Offenheit der Internet-Architektur. Jeder kann auf der Basis verbindlich definierter und frei zugänglicher Regeln, der Internet-Standards und Protokolle, eigene Anwendungen und Angebote entwickeln.

So wie Tim Berners-Lee es mit dem WWW tat: Er nutzte die bekannte Hypercard-Technologie, um ein Dokument mit einem anderen durch einen „Link“, also einen Verweis, zu verbinden. Indem er dieses Konzept auf die in einem IP-Netzwerk verteilten Dokumente anwendete, schuf er eine ebenso einfache wie geniale Möglichkeit vernetzter und multimedialer Zusammenarbeit. Und löste damit die größte mediale Revolution seit Gutenbergs Erfindung der Druckpresse aus.

Deswegen wachsen heute alle, früher einmal säuberlich getrennten Netze, vom Telefon- bis zum TV-Netz auf der Basis der Internet-Architektur zusammen. Und deswegen sind auch immer mehr Lebens- und Wirtschaftsbereiche davon fundamental betroffen: das Internet hält Einzug in alle Lebensbereiche. Zu Hause, unterwegs, am Arbeitsplatz und in der globalisierten Wirtschaft.

Das Internet hat sich also mitten in der aktuellen Krise und schneller als jedes andere vor ihm zu einem veritablen Massenmedium entwickelt. Zu einem Massenmedium "neuen Typs" allerdings. Waren in allen bisherigen, "linearen" Massenmedien "Sender" und "Empfänger" prinzipiell, technisch wie ökonomisch, voneinander unterschieden, so gilt dieses Kommunikationsparadigma im Internet nicht mehr: In diesem "interaktiven" Massenmedium kann jeder Nutzer sowohl Sender wie auch Empfänger sein und so prinzipiell jederzeit mit jedem anderen Nutzer in Austausch treten. Und je reifer und entwickelter das Internet und seine Nutzer sind, denken Sie etwa an Weblogs oder die P2P-Netze, desto mehr wird sich dieses Potential auch realisieren, desto mehr also wird das Internet zu einem interaktiven und personalisierten Massenmedium, werden.

Indem etwa die an einem Thema interessierten Nutzer eines Peer-To-Peer-Netzes direkt miteinander in Austausch treten, wirkt ihre vernetzte Kommunikation wie das Zusammenspiel unterschiedlicher sensorischer Impulse, aus denen sich im menschlichen Bewusstsein ein Bild seiner Umgebung zusammensetzt. – Sie erinnern sich an die Worte von Berners-Lee: Die Vernetzung bringt die Menschen dazu, immer mehr so zu funktionieren wie ihr eigenes Gehirn, ihr eigener Geist.

Dem haben auch alle auf dieser Art der Vernetzung aufsetzenden Geschäftsmodelle Rechnung zu tragen: Sie müssen also überlegen, wie Sie die Vorteile, die das Internet dem Nutzer bietet, für Ihr Geschäft nutzen können.

Auch jede Form "kommerzieller Kommunikation", also der Austausch zwischen Unternehmen, Kunden und Partnern, ist von dieser Veränderung betroffen. Im Internet geht es nicht mehr um "Zielgruppen" und "Marktsegmente" sowie deren "kleinsten gemeinsamen Nenner", sondern um Wünsche und Bedürfnisse jedes einzelnen Nutzers und damit potentiellen Kunden. Nicholas Negroponte, der Gründer des Media Lab am MIT, hat darauf schon vor Jahren visionär hingewiesen:

“Instead of advertisers soliciting response, they’ll have to respond to the solicitations of potential customers.“

Nicht mehr das Marketing formuliert also die gewohnten "Messages". Im Gegenteil: Im Internet muss es auf Bedürfnisse und Interessen jedes einzelnen Kommunikationspartners adäquat reagieren.

Was Sie hier deutlich spüren, ist die „neue Macht“ des Kunden in einem von der Nachfrage geprägten Markt. Und der beschränkt sich nicht einmal auf das Web allein – wie beispielsweise die Reform der Rabattgesetze in Deutschland eindrucksvoll belegt.

Die Kunden sehen nicht mehr ein, warum sie auf die neue Freiheit und die ungewohnte Macht, die das Internet ihnen bietet, ausgerechnet bei E-Commerce-Angeboten verzichten sollten. Einfach weil sie inzwischen Besseres gewohnt sind. Das Problem liegt also auf der Anbieterseite, auf Seiten der Unternehmen, die immer noch nicht verstanden haben, wie sie die Wünsche ihrer Kunden erfüllen sollen: Mehr als 50% aller Online-Einkäufe werden hierzulande vor dem Abschluss abgebrochen – eindrucksvoller lässt sich die Unzufriedenheit der Kunden kaum belegen.

Je mehr das Internet damit für die Unternehmen zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor der Informationsgesellschaft wird, desto mehr wird es selbst hinter den sichtbaren Anwendungen "verschwinden": Das Internet wird zur Selbstverständlichkeit – seine Komplexität von den Nutzern entkoppelt. So wie heute das Stromnetz: jeder nutzt es, ohne sich Gedanken darüber zu machen.

Und das ist keine Zukunftsmusik: IBM spricht vom Internet als der neuen „Utility“, einer Grundversorgung wie Strom oder Wasser. Umsatzrelevante Vorteile werden zukünftig also nur noch durch besondere Service- und Qualitätsmerkmale zu erzielen sein. Und dieser Trend – Service als USP – wird schon bald für jedes im Internet handelnde Unternehmen Gültigkeit haben.

Das ist die Herausforderung. Und die ist nicht gerade klein. Ihr gegenüber steht allerdings eine ebenso große Chance: Kein anderes Medium bietet bessere Möglichkeiten einen optimalen, ganz auf den einzelnen Kunden abgestimmten Service zu bieten, als dieses – Sie erinnern sich – interaktive und personalisierte Massenmedium neuen Typs.

Allein die Zuwachsraten im E-Commerce belegen eindrucksvoll, dass der Kunde die Möglichkeiten der Vernetzung jedenfalls schneller versteht und aktiver nutzt als die Unternehmen in Deutschland. Gleiches gilt ja auch für die Nutzung breitbandiger Zugänge zum Internet. Überhaupt wurden alle wesentlichen Innovationen der Netzwerk-Kommunikation, von den P2P-Netzen bis zu Weblogs, vom Online-Banking bis zum E-Learning von den individuellen Nutzern schneller und aktiver betrieben als von den Unternehmen.

Für die Unternehmen kommt es nun darauf an, diese aktuellen Trends zu verstehen und die darin sichtbar werdende neue Machtposition des Kunden in einer vernetzten Welt in ihrer E-Commerce-Strategie zu verarbeiten. Und damit komme ich zu meiner These im Titel des Vortrags zurück:

Wie bei jeder Unternehmensstrategie sollte auch hier ganz zu Anfang die Überlegung stehen, welche Risiken vorhanden sind, welche sich vermeiden lassen und welche es zu meistern gilt. So sollten bei der Abwicklung und Abrechnung von Geschäften im Internet keine neuen Risiken entstehen und schon gar nicht eingegangen werden. Bei der Erschließung neuer Märkte und der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, die erst mit dem Internet möglich werden, können Sie es sich gar nicht leisten, die damit verbundenen Risiken zu vermeiden. Gehen Sie im ersten Fall ein unkalkuliertes Risiko ein, würden Sie nur den Verlust erhöhen, während Sie im zweiten Fall neue Kunden und Erlösquellen erschließen, also etwas gewinnen können.

Hier sollten Sie also durchaus Risiken eingehen. Um die damit notwendig werdende Etablierung neuer, vernetzter Strukturen und Prozess in der gesamten Unternehmensorganisation führt kein Weg herum. Denn nur im E-Commerce, so belegen alle Untersuchungen von HVE bis GfK lassen sich für den Handel noch nennenswerte Zuwächse erzielen. Wie bei jeder Neuorientierung bleibt auch hier ein gewisses Risiko, das sich allerdings mit der Hilfe erfahrener Partner und Berater minimieren lassen sollte, bestehen. Dafür verspricht dieser Weg aber auch einen besonderen „Fun“, im Sinne eines besonders lohnenden Ergebnisses. Die Rede ist hier vom so genannten „Netzwerk-Effekt“, den wir schon in der Betrachtung von eBay kennen gelernt haben. Robert Metcalfe, der Erfinder des Ethernets und Gründer von 3COM, hat ihn erstmals beschrieben:

Der Wert eines Netzes steigt quadratisch im Verhältnis zu Größe des Netzwerks.

Je mehr Nutzer ein Netzwerk also zählt, desto wertvoller wird der Zugang zu diesem Netz. Und je mehr vernetzte Einheiten in diesem Netzwerk verbunden sind, desto höher ist auch der Wert jeder einzelnen vernetzten Einheit.

Grundlage der Bemessung ist hier nicht mehr die klassische "Wertschöpfungskette", Produzent – Distributor – Händler - Endkunde, sondern etwas, daß ich als "Wertschöpfungsnetz" bezeichne: es handelt sich dabei um ein komplexes Geflecht, einem natürlichen Öko-System ähnlicher als einer von Menschen erdachten Struktur, in dem Hersteller und Lieferanten, Händler und Kunden, wechselseitig, also auch in durchaus wechselnden Rollen und Funktionen, miteinander verbunden sind.

In einem solchen Wertschöpfungsnetz tritt auch Metcalfe’s „Netzwerk-Effekt“ auf: mit jedem neuen Nutzer steigt nicht nur der Wert, sondern auch die Attraktivität des Netzwerks, was zusätzlich zum exponentiellen Wachstum beiträgt. Beispiele wie eBay oder Google belegen das eindrucksvoll. eBay haben wir schon betrachtet; Google sortiert das „Ranking“ der gefundenen Websites nach der Anzahl der Links, die auf sie verweisen – und wurde damit zur attraktivsten Suchmaschine und zum profitabelsten Werbeträger im Web, sowie kürzlich zum „heißesten Internet-IPO“ seit Netscape.

An den damit auch verbundenen Risiken führt kein Weg vorbei, es gilt sie zu meistern. Oder wie der Intel-CEO Craig Barret einmal sagte: "The Internet Economy forces your business to function differently."

Wer Kunden-Orientierung aber als Interaktion mit dem Kunden versteht, wer die Bedingungen der Markenführung im Internet kennt und es versteht, den Netzwerk-Effekt für sein Unternehmen im Internet zu realisieren, der hat die wesentlichen Kriterien zur Entwicklung der im E-Business wirksamen Erfolgsfaktoren an der Hand. Was also macht erfolgreiche E-Business-Unternehmen aus?

- ein vollständig – intern wie extern vernetztes Unternehmen
- Mitarbeiter, die diese Vernetzung nicht nur akzeptieren, sondern „leben“!
- Ein neues Kundenbild durch die gesamte Organisation hindurch, denn der Kunde ist nicht nur König, er ist der Kern Ihres Netzwerkes – nicht etwa die Telekom oder Ihr Rechenzentrum. Denn je weiter Sie ihren Kunden von der Peripherie ins Zentrum holen, desto weniger wird er Ihr Netz wieder verlassen wollen – bauen Sie Ihr Netz also um Ihre Kunden herum!
- Etablieren Sie innovative Arbeitsformen in vernetzten Teams – nur sie können schnell und differenziert genug auf Kunden-Anforderungen reagieren.
- Und natürlich brauchen Sie alles, was erfolgreiche Unternehmen schon immer erfolgreich machte: ein attraktives Angebot, professionelles Fulfillment, eine zuverlässige Logistik, funktionierendes Billing und optimaler Service.

All diese Anforderungen kann kein Unternehmen allein erfüllen, schon gar nicht im Zeitalter der Network Economy. Chancen ergeben sich hier nur durch die allseitige Vernetzung mit möglichst vielen der besten an der Wertschöpfung beteiligten Unternehmen. Dabei muss aber jedes Unternehmen lernen, das Internet zu seinem eigenen wirtschaftlichen Vorteil zu nutzen. Und das geht in der vernetzten Wirtschaft nur, wenn der Kunde das als seinen eigenen Vorteil erkennt.

Nur wer diesen Zusammenhang heute schon versteht, ist auch in der Lage die richtigen Entscheidungen für die vernetzte Zukunft in seinem Unternehmen zu treffen. Und er wird morgen in der Lage sein, dieser Entwicklung nicht nur zu folgen, sondern sie zu gestalten und davon zu profitieren. Vernetzung wird also von einer technischen zu einer strategischen Aufgabe von höchster Priorität.

Ich habe mich dabei immer von einem Wort des Schweizer Marketing-Gurus Franz Sprecher leiten lassen, das ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:

“Wenn Sie heute eine Vision haben, werden Sie morgen ein Geschäft daraus machen. Wenn nicht, werden Sie morgen überhaupt keine Geschäfte mehr machen.”

In diesem Sinne bleibt mir nur, Ihnen allen viel Erfolg in der Internet-Wirtschaft zu wünschen.

Powerpoint Präsentation (3,4 MB)

Kommentare …

Hallo,
ich darf am Montag in einer Uni einen Vortrag halten über Herausforderungen des e-comerce für den Handel. Darf ich dei Präsentation benutzen ?

Viele Grüsse
Michael Moster

15.10.05 10:44   von Michael Moster