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Von ossiu am 09.01.05

Internet - Universalmedium des Informationszeitalters

Vortrag bei der T-Systems Business-Konferenz, Salzburg, im August 2002

Wenn Sie die Entwicklung der Medien innerhalb der letzten 20 Jahre noch einmal Revue passieren lassen, so zu sagen im „Fastforward“-Modus – Anfänge des Fernsehkabel-Netzes, die Zulassung privater TV- und Radio-Anbieter, Satelliten- und Pay-TV, Erfindung, Verbreitung und Kommerzialisierung des Web, die Strukturkrise der Presselandschaft, das Platzen der Dotcom-Blase, der gescheiterte Verkauf des Kabelnetzes und die Kirch-Pleite – erkennen Sie sofort, dass wir uns in einem anhaltenden Prozess des Strukturwandels in der Medienlandschaft befinden. Eines Strukturwandels, wie wir ihn in Europa seit dem Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert nicht mehr erlebt haben. Wir befinden uns mitten im Wandel vom Industrie- zum Informationszeitalter.

Warum zum Informations- und nicht zum „Medien“-Zeitalter? Weil den elektronischen Medien, vom Radio über Fernsehen bis zum Web in diesem Wandel zwar eine Vorreiterrolle zukam, seine Grundlage aber ist die Informationstechnologie, bzw. genauer die Technologien zur Vernetzung und Verarbeitung unterschiedlicher digitaler Daten. Diese Technologien erfassen die Medien und die Telekommunikation ebenso wie die Musik-Industrie, den Handel und die Automobil-Industrie, um nur einige Beispiele zu nennen. Und zwar nicht indem die IT andere Technologien und Industrien verdrängt oder gar ersetzt, sondern indem sie sie durchdringt.

So ist nicht nur die Entwicklung eines neuen Automodells ganz und gar von der IT geprägt; von der CAD-Software bis zur weltweiten Vernetzung von Entwicklerteams und Produktionsplanung. Auch im Auto selbst arbeiten heute Dutzende so genannter „Embedded Chips“ und Kleinstcomputer. Der Kabelstrang zu ihrer Vernetzung ist das wichtigste Bauteil eines heutigen Mercedes, das vernetzte Telematik- und Systemmanagement ein wesentlicher Marketingfaktor für den 7er BMW und die Formel1 ist so zu sagen das schnellste Netzwerk der Welt.

Voraussetzung all dieser Entwicklungen war nicht so sehr die Möglichkeit der Daten- Verarbeitung – die gibt es ja schon länger – sondern die Möglichkeit Daten weltweit mit einander zu vernetzen und auszutauschen. Das Internet.

Deswegen möchte ich heute, wenn es um die Medienentwicklung geht, von der Entwicklungsperspektive des Internet sprechen. Deswegen entstand aber auch die Euphorie um die Internet-Branche. Und deswegen folgt nun auf die Euphorie, was ihr immer folgt: die Depression.

Die Rede ist von der aktuellen Depression in den Köpfen und an den Börsen. Das Geschäft mit dem Internet schien beendet, bevor es richtig begonnen hatte. Aus eben noch hippen Start-Ups wurden peinliche Pleitiers. Und der Spaßgesellschaft verging das Lachen als man „B2C“ als „Back To Cincinatti auslegte. Mit dem Internet, so der neue, mediale Common Sense lasse sich eben doch kein Geld verdienen – eine Stimmungslage an der nicht zuletzt auch der Kronprinz des Bertelsmann-Konzerns Middelhoff gescheitert ist.

Doch ich darf Sie beruhigen oder – je nach Sichtweise – auch erneut erschrecken: Nichts dergleichen wird die mediale Zukunft prägen. Das Internet ist längst zu einem selbstverständlichen Bestandteil wirtschaftlichen Handelns geworden. Das Zeitalter des Internet hat gerade erst begonnen – You ain’t seen nothing, yet!

Deshalb möchte ich 3 Thesen in den Raum stellen, deren Beleg sich wie ein roter Faden durch meinen Beitrag ziehen wird.

1. Das Internet ist das am schnellsten wachsende Medium in der Geschichte menschlicher Kommunikation. Von der Erfindung bis zur massenhaften Verbreitung des Web vergingen nicht einmal10 Jahre – eine Entwicklung, für die das Fernsehen noch 50 Jahre brauchte.

2. Das Internet ist ein Massenmedium Neuen Typs – was einen Paradigmenwechsel in der medialen Kommunikation beschreibt, wie ihn die Menschheit seit Gutenbergs Erfindung der Buchdruckkunst nicht mehr erlebt hat.

3. „Konvergenz“ in der Medienentwicklung bedeutet lediglich eine technische Konvergenz, die mit einer gleichzeitigen Differenzierung der Mediennutzung und der Angebote einhergeht.

Gerade die letzte These zeigt, dass wir noch ganz am Anfang dieses Prozesses stehen. Sie beschreibt ein Potential, das sich erst realisieren wird, wenn wir es auch in Deutschland schaffen, der Bevölkerung wie der Wirtschaft eine breitbandige IP-Infrastruktur flächendeckend zur Verfügung zu stellen, und zwar zu wirtschaftlich tragfähigen Konditionen.

Insofern zeigt die These auch, mit welcher geradezu kindlicher Naivität wir bislang diesen Strukturwandel begleitet haben, von der Euphorie des „Goldrausches“ bis zur Depression des Dotcom-Katers.

Der Übergang vom Industrie- zum Informationszeitalter ist nicht so einfach und reibungslos zu bewerkstelligen wie wir alle dachten. Gilt es doch, nicht nur den Umgang mit einem neuen Medium zu erlernen - schon das allein ist schwer genug für die Anbieter wie für potentielle Nutzer. Es geht um mehr: Um ganz neue Formen der Arbeit, des Handelns und der Kommunikation.

Wir müssen alle noch lernen, wie das Internet zu nutzen ist, um den Kunden besser kennen und verstehen zu lernen. Und wir müssen gleichzeitig lernen, das Internet zum Management eines ganzen Unternehmens zu nutzen. Aber wir müssen auch lernen, dass mit dem Internet allein noch nichts gewonnen ist: erst wenn auch effektive Fulfillment- und Logistik-Prozesse im vernetzten Unternehmen implementiert sind, kann E-Business funktionieren.

Es kommt also nicht nur darauf an, vernetzte Strukturen und Abläufe aufzubauen; digitale und analoge Elemente, virtuelle und höchst reale Welten intelligent zu verbinden. All das muss in einem wirtschaftlich darstellbaren Rahmen geschehen. Der Schlüssel zum Erfolg steckt in der Antwort auf eine Frage. Die Frage: Was ist der Unterschied zwischen einer Fertigungsmaschine und einer Website?
Antwort: Es gibt keinen – beides sind Investitionen. Allerdings lässt sich bei der Maschine der ROI exakter fassen als bei der Website.

Aber das muss nicht so sein. Verlangen Sie von Ihrem Web-Team und Ihren Web-Dienstleistern klare Ziele, die sich in exakt messbaren Ergebnissen darstellen lassen. Das können Sie erwarten. Bei jeder Investition, also auch bei einem Webprojekt. Für jedes wirtschaftliche Handeln gibt es Kennzahlen, die den Handlungsraum definieren. Nun stehen wir bei der Entwicklung solcher Kennzahlen für vernetzte Umgebungen noch ganz am Anfang. Aber es gibt plausible Ansätze, „Best Practices“ und jede Menge zu gewinnen. Mit weniger sollten Sie sich aber auch nicht zufrieden geben.

Sicher, ein langer und beschwerlicher Weg, zudem einer ohne gangbare Alternative. Aber eben auch ein lohnender und durchaus profitabler Lernprozess.

Das Ziel dieses Lernprozesses hat Tim Berners-Lee, der Vater des World Wide Web, in seinem Buch „Weaving the Web“ auf den Begriff gebracht:

"The Web brings the working of society closer to the working of our minds."
Tim Berners-Lee


Wir müssen also lernen, so zu funktionieren wie unser eigener Geist. Das hört sich einfach an, ist aber von den philosophischen wie von den wirtschaftlichen Implikationen ausgesprochen schwer zu realisieren. Bevor wir uns dieser Zukunftsaufgabe widmen, scheint es angebracht einen Moment bei der Gegenwart des Internet zu verweilen, denn die sieht, jenseits aktueller Depressionen, an den Börsen wie in den Köpfen, gar nicht so übel aus:

- Über 500 Millionen Menschen haben derzeit Zugang zum Internet, 29 Millionen (laut Nielsen Net Ratings) davon allein in Deutschland – fast eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr
- Die schier unvorstellbare, wenn auch mit Vorsicht zu genießende Zahl von 4 Milliarden Web-Seiten ist online und
- Für das Jahr 2002 erwartet der Hauptverband des deutschen Einzelhandels eine Steigerung der Online-Umsätze von € 5 auf € 8 Milliarden.

So viel zur These 1: Das Internet hat sich mitten in der aktuellen Konjunktur-Krise und schneller als jedes andere vor ihm zu einem veritablen Massenmedium entwickelt. Zu einem Massenmedium "neuen Typs" allerdings. Waren in allen bisherigen, "linearen" Massenmedien "Sender" und "Empfänger" prinzipiell, technisch wie ökonomisch, voneinander unterschieden, so gilt dieses Kommunikationsparadigma im Internet nicht mehr: In diesem "interaktiven" Massenmedium kann jeder Nutzer sowohl Sender wie auch Empfänger sein und so prinzipiell jederzeit mit jedem anderen Nutzer in Austausch treten. Und je reifer und entwickelter das Internet und seine Nutzer sind, denken Sie etwa an Napster und die P2P-Networks oder die neuen, „Web-Services“, desto mehr wird sich dieses Potential auch realisieren, desto mehr also wird das Internet von einer Veranstaltung auf der wenige ihre Angebote an viele richten, zu einem interaktiven und personalisierten Massenmedium, werden.

Indem nämlich die an einem Thema interessierten Nutzer eines Peer-To-Peer-Netzes direkt miteinander in Austausch treten, wirkt ihre vernetzte Kommunikation wie das Zusammenspiel unterschiedlicher sensorischer Impulse, aus denen sich im menschlichen Bewusstsein ein Bild seiner Umgebung zusammensetzt. – Sie erinnern sich an die Worte von Berners-Lee: Die Vernetzung bringt die Menschen dazu, immer mehr so zu funktionieren wie ihr eigenes Gehirn, ihr eigener Geist.

Dem haben auch alle auf dieser Art der Vernetzung aufsetzenden Geschäftsmodelle Rechnung zu tragen: Es geht also um Visionen, nicht um Traditionen. So mutet ein Napster übergestülptes Abonnements-Modell nach dem Vorbild traditioneller Buch- und Schallplatten-Clubs geradezu vorsintflutlich an. Sehr viel moderner, weil interaktiver und personalisierter wirkt dagegen eine Überlegung, die aktiven Verteiler der Inhalte als Multiplikatoren zu provisionieren, während die Bezieher der Inhalte für die Nutzung eine bestimmte Gebühr zahlen. Und das könnte sogar ein „Blueprint“ für andere Bereiche des medialen Entertainments werden – vom Pay-TV bis zum Sport: Statt den Veranstaltern eine Lizenz (wofür eigentlich?) zu zahlen, sollte man sie am Erfolg der Übertragung beteiligen – also provisionieren wie jede andere „Salesforce“ auch.

Diese Entwicklung allein zeigt schon deutlich, daß das Internet nicht nur die Art, wie wir miteinander kommunizieren, sondern unsere ganze Art zu leben und zu arbeiten, zu denken und mit einander Geschäfte zu machen fundamental verändert.

Auch jede Form "kommerzieller Kommunikation", also der Austausch zwischen Unternehmen, Kunden und Partnern, ist von dieser Veränderung betroffen. Im Internet geht es nicht mehr um "Zielgruppen" und "Marktsegmente" sowie deren "kleinsten gemeinsamen Nenner", sondern um Wünsche und Bedürfnisse jedes einzelnen Nutzers und damit potentiellen Kunden. Nicholas Negroponte, der Gründer des Media Lab am MIT, hat darauf schon vor Jahren visionär hingewiesen:

“Instead of advertisers soliciting response, they’ll have to respond to the solicitations of potential customers - Nicht mehr die Werber werden Reaktionen auslösen, sondern sie haben auf die Anforderungen potentieller Kunden zu reagieren.”

Nicht mehr das Marketing formuliert also die gewohnten "Messages". Im Gegenteil: Im Internet muss es auf Bedürfnisse und Interessen jedes einzelnen Kommunikationspartners adäquat reagieren.

Was Sie hier deutlich spüren, ist die „neue Macht“ des Kunden in einem von der Nachfrage geprägten Markt. Und der beschränkt sich nicht einmal allein auf das Web – wie beispielsweise die Reform der Rabattgesetze eindrucksvoll belegt:

Da die Kunden nicht mehr einsehen werden, warum sie auf die neue Freiheit und die ungewohnte Macht, die das Internet ihnen bietet, in anderen Lebensbereichen verzichten sollen, werden auch halbherzige "E-Business"-Strategien schon bald der Vergangenheit angehören. Einfach weil die Kunden inzwischen Besseres gewohnt sind. Und das suchen sie, wie die Zuwachsraten bestätigen, immer häufiger im Internet. Das Problem liegt also offenbar auf der Anbieterseite, auf Seiten der Unternehmen die immer noch nicht verstanden haben, wie sie die Wünsche ihrer Kunden erfüllen sollen.

Das Internet und seine Nutzer erwarten nicht mehr und nicht weniger als einen fundamentalen "Unternehmens-Relaunch", der gewaltige Anforderungen an alle Beteiligten stellt. Dachte man während des „Dotcom-Booms“ noch, mit einer Website nebst entsprechender Shop-Software und ein wenig Banner-Werbung seien schon alle Hausaufgaben gemacht, so wissen wir heute, dass das Internet all das, was wir unter einem Unternehmen verstehen, seine Kultur und seine Strukturen, seine Strategien und Arbeitsabläufe, auf eine ganz neue Weise definiert.

Wer also in dieser vernetzten Welt erfolgreich sein will, kommt um eine gründliche Überprüfung und Anpassung aller Unternehmensteile nicht herum. Aber damit nicht genug: Nur wer diese Entwicklung schneller und entschiedener vollzieht als der Wettbewerb, wird einen Vorteil daraus ziehen – den sog. „Netzwerk-Effekt“. Das zumindest zeigen alle „Success-Stories“ im Internet, von Amazon bis AOL, von eBay bis Cisco Systems.

Der Netzwerk-Ausrüster Cisco Systems erzielt heute schon 80% seiner Umsätze über das Internet – im letzten Fiskaljahr 2001 waren das $ 22.3 Milliarden – und spart dadurch jährliche Kosten in Höhe von $ 760 Millionen ein. Der IDC-Analyst Michael S. Trainor dazu: „Ciscos Geschäftsmodell zeigt, wie das Internet sich vom passiven Informationsmedium in eine interaktive Business-Umgebung verwandelt. Letztlich werden alle Unternehmen ... ihren Kunden Zugang zu Dienstleistungen zu jeder Zeit und an jedem Ort gewähren müssen.“

All diese Veränderungen zusammen markieren das, was der Vorstandsvorsitzende von Cisco Systems, John Chambers, einmal die "Dritte Welle der Internet Revolution" genannt hat.

Jede dieser Entwicklungsstufen war durch eine ebenso neuartige wie überwiegende Nutzungsform einer im Internet vorherrschenden Nutzergruppe bestimmt. Zunächst wurde das Internet von der akademischen Welt zum Austausch von Daten und Forschungsergebnissen durch E-Mails und (später) Hypertext-Dokumente genutzt. Seit Mitte der 90er Jahre nutzten immer mehr Unternehmen das Web zur Selbstdarstellung und als Katalog für Waren und Dienste. Und nun wird das Internet immer mehr zum "virtuellen Marktplatz" für reale Dinge und digitale Dienste.

Und all diese Phasen brachten auch die entsprechenden Geschäftsmodelle hervor – zumindest für diejenigen, die die Chancen erkannten und zu nutzen wussten: Zunächst versuchten sich die Pioniere, etwa wissenschaftliche Fachbuchhandlungen (sic!) an E-Mail- und ersten rudimentären Web-Angeboten. Die Katalog-Phase war durch Werbung einerseits und Katalogverkäufe – Bücher, CDs und Reisen etwa – andererseits gekennzeichnet. Und nun geht es – wie auf einem wirklichen Markt - darum, dem Kunden, sei das ein Unternehmen oder ein Privatkunde, genau die auf seine Wünsche zugeschnittenen Angebote vorzustellen, um sie ihm dann möglichst einfach, schnell und preiswert zukommen zu lassen.

Allerdings wird das Internet damit mehr als nur ein neuer Vertriebskanal: es wird zur Plattform interner wie externer Unternehmensprozesse, zum mobilen Dienstleistungsinstrument für alle Lebensbereiche und schließlich zum Forum individueller Bildungs- und Unterhaltungsangebote, zu einem „Universal-Medium“ dessen Inhalte entweder zum Download vorgehalten oder in Echtzeit "gestreamt" werden. Die "Seiten-Metapher des Web wird derzeit mehr und mehr durch eine neue "Channel"-Metapher des Breitband-Internet abgelöst.

Auf der anderen, der Anbieter-Seite, wird die gegenwärtige Sprache zur Beschreibung der Seiten im Web, HTML, der Zeit durch XML (eXtensible Marcup Language) ergänzt. Die darin formulierten, offenen Standards und die damit möglichen sog. „Web-Services“ werden nicht nur der Vernetzung der Unternehmen mit Partnern und Kunden eine neue Qualität verleihen, sie bedeuten auch einen Quantensprung für die weitere Entwicklung des E-Business insgesamt – das Unternehmen selbst wird dabei von der „Zitadelle“ der Vergangenheit zum offenen „Bazar“ der vernetzten Gegenwart. Ein Umbau, der in vielen Unternehmen neben den technischen vor allem kulturelle Probleme hervorruft, und zwar vor allem bei denen, die ihn eigentlich managen sollten: beim Management bzw. der Geschäftsleitung.

Nur wenn dieser Umbau denjenigen, die mit und über das Internet Geschäfte machen wollen, gelingt, wird das Internet auch sein Potential realisieren, zum neuen Universalmedium für alle Kommunikationsanforderungen der Informationsgesellschaft zu werden. Voraussetzung dafür ist allerdings auch, dass das Internet

- Ubiquitär verfügbar,
- jederzeit skalierbar,
- einfach zu nutzen sein wird.

Wenn das Internet also wirklich zum "Universalmedium" des Informationszeitalters werden soll, muß es in jedem Fall "ubiquitär", d. h. überall verfügbar und entsprechend der jeweilig spezifischen Aufgabenstellung nutzbar sein.

Indem das Internet an unterschiedlichen Geräten, in ebenso unterschiedlichen Zusammenhängen genutzt werden kann, ergibt sich auch die Möglichkeit zu neuen Nutzungsarten: Ob es um Unterhaltung und Kommunikation oder um Einkäufe und Spiele geht.

Wir beobachten also eine Ausdifferenzierung der Internet-Nutzung, eine nie geahnte Vielfalt von Geräten, Angeboten und Diensten auf der Grundlage von Internet-Technologien – denken Sie etwa an den Mobilfunk der nächsten Generation: UMTS.

Warum aber wird ausgerechnet das Internet Protokoll IP zur gemeinsamen Basis ansonsten unterschiedlicher Kommunikationsprozesse Dienstleistungen und Geschäftsmodelle?

Das ganze Geheimnis dieser einmalige Erfolgsstory ist eine ebenso einfache wie geniale Idee. Statt wie alle anderen Telekommunikations-Systeme die Endgeräte der jeweiligen Teilnehmer zu verbinden, also zu einem temporären Netz zusammenzuschalten, werden in einem IP-Netzwerk nur die eigentlichen Kommunikationsinhalte in Daten-"Paketen" geroutet, also zu einem anderen Endgerät geleitet. Das schont nicht nur Netzwerk-Resourcen, und macht die Kommunikation hocheffizient, es ermöglicht auch ganz unterschiedliche Daten über die gleichen Netze zu vermitteln. So können IP-Pakete alles mögliche enthalten: eine Mail oder ein Video, ein Musikstück oder Geschäftsdaten, kurz: alles, was sich digital darstellen lässt.

Grundlage und Voraussetzung um die sich damit bietenden Möglichkeiten auch erfolgreich nutzen zu können, ist die Offenheit des gesamten Systems “Internet”. Jeder kann auf der Basis verbindlich definierter und frei zugänglicher Regeln, der Internet-Standards, eigene Anwendungen und Angebote entwickeln. Deswegen wachsen heute alle, früher einmal säuberlich getrennten Netze, vom Telefon- bis zum TV-Netz auf der Basis der Internet-Architektur zusammen.

Das Internet muss in Zukunft also mit all seinen Nutzungsmöglichkeiten und Applikationen immer und überall zur Verfügung stehen. Und damit werden sich nicht nur die unterschiedlichen Nutzungsarten, sondern auch die zur Nutzung eingesetzten Endgeräte noch weiter voneinander entfernen. Der Erfolg solcher „single purpose devices“ ist leicht zu erklären: Je genauer ein Gerät einen ganz bestimmten Zweck erfüllt, desto weniger muß beim Umgang mit diesem Gerät erlernt werden.

Warum soll ich den Umgang mit all den Features eines Universalgerätes erlernen, die ich niemals brauche, während mir unterschiedliche Geräte, vom Handy bis zum Organizer, vom MP3-Player bis zur Digital-TV-Box, genau jene Funktionen bieten, die ich erwarte.

Indem mit dieser Entwicklung die Universalität des PC durch die Universalität des Internet ersetzt wird, wird die "Internettauglichkeit" zur notwendigen Bedingung des Erfolgs jedes einzelnen Gerätes und jeder einzelnen Anwendung, ja, jedes Unternehmens am Markt.

Nur wer in der Lage ist, glaubwürdig Internet-Kompetenz zu vermitteln, wird als seriöser Geschäftspartner wahrgenommen und für wettbewerbsfähig gehalten.

Je mehr das Internet damit für die Unternehmen zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor der Informationsgesellschaft wird, desto mehr wird es selbst hinter den über die IP-Netze vermittelten Anwendungen "verschwinden": Das Internet wird zur Selbstverständlichkeit – seine Komplexität von den Nutzern entkoppelt. So wie heute das Stromnetz: jeder nutzt es, ohne sich Gedanken darüber zu machen. Kein Wunder, dass auch die nächste Stufe der Vernetzung, das so genannte „GRID-Computing“ seinen Namen vom „Power-Grid“, dem Strom-Netz entlehnt hat. Und IBM sich fragt, ob das Internet „The Next Utility“, also die nächste Form der Grundversorgung darstellt.

Und das ist keine Zukunftsmusik: Je mehr IP, früher ein besonderer Service mit ebenso besonderen Preisen, zur Universalsprache aller Telekommunikations-Netze wird, desto mehr wird der IP-Service selbst zur "Commodity", zur selbstverständlichen Dreingabe jedes Anbieters. Umsätze werden zukünftig nur noch durch besondere Service- und Qualitätsmerkmale, sowie durch besondere Inhalte und Anwendungen zu erzielen sein. Und dieser Trend – Service als USP – wird schon bald für jedes im Internet handelnde Unternehmen Gültigkeit haben.

Das ist die Herausforderung. Und die ist nicht gerade klein. Ihr gegenüber steht allerdings eine ebenso große Chance: Kein anderes Medium bietet bessere Möglichkeiten einen optimalen, ganz auf den einzelnen Kunden abgestimmten Service zu bieten als dieses – Sie erinnern sich – interaktive und personalisierte Massenmedium neuen Typs.

In jedem Fall geht es um die Realisierung kommunikativer Zusammenhänge, in deren Mittelpunkt immer der einzelne, individuelle Kommunikationspartner mit seinen persönlichen Interessen steht. Die Persönlichkeit des Nutzers, seine Art zu denken, Interessen und Gefühle zu vermitteln, steht also im Mittelpunkt personalisierter Kommunikation. Auch in diesem Sinne muss die Wirtschaft in der vernetzten Gesellschaft, ganz im Sinne von Berners-Lee lernen, mehr und mehr den Prinzipien des menschlichen Geistes zu folgen.

Je genauer beide Elemente, Angebot und Interesse, übereinstimmen, desto ergiebiger wird der Kommunikationsprozeß sich für die Teilnehmer darstellen. Je genauer ich also mein Gegenüber kenne, desto besser kann ich das gewährleisten. Das heisst nun nicht, daß ich mein Gegenüber mit vollem Namen, Adresse und Bankverbindung kennen muss – wogegen viele Internet-Nutzer mit gutem Grund etwas haben. All das brauche ich – zumindest im Internet – überhaupt nicht. Ein möglichst genaues Bild seiner Interessen, Aktivitäten und Möglichkeiten ist völlig ausreichend, um entsprechende Angebote – durchaus auch kommerzieller Art – machen zu können.

Im Zuge dieser Entwicklung werden sich auch die Grenzen heute angeblich noch streng voneinander getrennten Marktsegmente auflösen. „B2B“ + „B2C“ sind kein Widerspruch mehr: es geht in beiden Marktsegmenten um die Persönlichkeit des Kommunikations- bzw. Geschäftspartners: und die bleibt die gleiche, ob er das Internet im Unternehmen oder zu Hause, für private oder geschäftliche Interessen nutzt. Deshalb werden nur die Unternehmen in der Internet-Wirtschaft erfolgreich sein, die vielfältig, ebenso multimedial wie multidimensional mit ihren Kunden vernetzt sind, die ihren Kunden also wirklich genau das bieten, was sie erwarten. Der Kunde ist im Internet wieder König – ob es sich um eine Privatperson oder ein Unternehmen handelt.

Wir beobachten also eine Ausdifferenzierung der Nutzung bei einer gleichzeitigen Konvergenz der Märkte, und der Technologien auf der Grundlage der Internet-Architektur.
Und damit wird das Internet schließlich zum "Hyper-Medium" des Informationszeitalters, zu einem Medium also, das alle Funktionen der ursprünglich getrennten Medien Fernsehen, Telefon und Datennetz in sich vereinigt und durch diese Kombination weit über deren Möglichkeiten hinausgeht..

Das ist ein sich selbst verstärkender Prozeß – ein "Feed-Back-Loop, wie die Kybernetiker sagen würden. Und der führt uns auf direktem Wege in die "vernetzte Wirtschaft", in die "Network Economy" des Informationszeitalters, deren Grundlagen Robert Metcalfe, der Erfinder des Ethernet und Gründer von 3COM, beschrieben hat.

Sein ökonomisches "Gesetz" beschreibt den wachsenden Wert, und den damit wachsenden Gewinn jeder Investition in vernetzte Umgebungen:

Der Wert eines Netzes steigt quadratisch im Verhältnis zu Größe des Netzwerks.

Je mehr Nutzer ein Netzwerk also zählt, desto wertvoller wird der Zugang zu diesem Netz. Und je mehr vernetzte Einheiten dadurch in diesem Netzwerk verbunden sind, desto höher ist der Wert jeder einzelnen vernetzten Einheit.

Stellen Sie sich eine Molkerei vor, die an 10 Kunden 10 Flaschen Milch verkauft. Durch umfangreiche Marketingmaßnahman wird nun ein elfter Kunde gewonnen, also auch 11 Flaschen Milch verkauft. Anders bei einem Telekom-Unternehmen, das an 10 Kunden 100 Nutzungsstunden verkauft. Wird ein 11. Kunde gewonnen werden aber nicht nur 110 Stunden verkauft, den der neue Kunde will ja mit den anderen im Netzwerk kommunizieren, also steigt auch deren Nutzungsdauer des Netzwerks - es handelt sich also um ein nicht-lineares Wachstum!

Da es sich dabei also nicht um lineare Beziehungen, sondern um ein multi-dimensionales Netzwerk handelt, steigt auch der Wert des Netzes und der daran angeschlossenen Unternehmen nicht-linear, zumindest also quadratisch – was Metcalf beweisen wollte..

Grundlage der Bemessung ist dabei nicht mehr die klassische "Wertschöpfungskette", Produzent – Distributor – Händler - Endkunde, sondern etwas, daß ich als "Wertschöpfungsnetz" bezeichne: es handelt sich dabei um ein komplexes Geflecht, einem natürlichen Öko-System ähnlicher als einer von Menschen erdachten Struktur, in dem Hersteller und Lieferanten, Dienstleister und Kunden, wechselseitig, also auch in durchaus wechselnden Rollen und Funktionen, miteinander verbunden sind.

In einem solchen Wertschöpfungsnetz tritt auch der aus Metcalfes Theorie bekannte „Netzwerk-Effekt“ auf: mit jedem neuen Nutzer steigt nicht nur der Wert, sondern v. a. die Attraktivität des Netzwerks, was zusätzlich zum exponentiellen Wachstum beiträgt: Beispiele wie eBay oder Google belegen das eindrucksvoll: die Suchmaschine sortiert das „Ranking“ der gefundenen Websites nach der Anzahl der Links, die auf sie verweisen – und wurde damit selbst zur attraktivsten Suchmaschine im Web. Das Auktionshaus steigert mit jedem neuen Nutzer und Anbieter nicht nur die Attraktivität des virtuellen Flohmarkts, sondern auch den Wert des eigenen Unternehmens.

Die nächste Stufe der Entwicklung dieses Netzwerk-Effekts stellen nun die bereits erwähnten Web-Services dar – einfach weil sie dem bislang möglichen Austausch von Informationen und Waren nun den Austausch eindeutig identifizierbarer und personalisierbarer Daten, also etwa digitaler Waren wie Software, Spiele und Videos, hinzufügen. Alle notwendigen Voraussetzungen dafür liefert XML. Die „Xtensible Markup Language“ beschreibt, anders als das bekannte HTML, nicht nur die Darstellung, sondern die ausgetauschten Daten selbst. Und zwar durch sog. Tag-Sets, die frei definierbar sind, aber einer ganz bestimmten Logik und einem darauf basierenden Schema folgen. Das macht sie für Maschinen wie für Menschen lesbar und austauschbar: die Daten erhalten so in gewisser Weise eine „Bedeutung“.

Das ist, wie die Philosophie es nennen würde, zwar eine notwendige, keineswegs aber die hinreichende Bedingung für die Vision eines zukünftigen, „bedeutungsvollen“ Webs. Dieses von Tim Berners-Lee so genannte „semantische“ Web, also die Verknüpfung von Daten mit ihrer Bedeutung durch den Kontext, in dem sie stehen, wird nur funktionieren, wenn es ein magisches Dreieck aus Bedeutung, Vertrauen und Transaktion herstellen kann. Die „Magie“ des Dreiecks besteht darin, dass jede beliebige Verbindung von 2 Elementen das 3. herbeiführt: so führen Bedeutung und Vertrauen, etwa aus einer etablierten Community oder einer langjährigen Kundenbeziehung entstanden, zur Transaktion. Dieser Zusammenhang ist übrigens auch die Grundlage jeder direkten menschlichen Interaktion. Und damit wird das Web als semantisches Web endlich dort ankommen, wo wir es alle schon immer vermuteten: mitten in der menschlichen Wirklichkeit.

Das wird auch die wirtschaftliche Bedeutung der Vernetzung einmal mehr dramatisch vergrößern. Vorausgesetzt wir sind in der Lage dieser Entwicklung messbare Ergebnisse zuzuordnen. Und das ist in einem Wertschöpfungs-Netz allemal komplexer als in herkömmlichen Business-Modellen. Kostenersparnisse auf der einen und Skalierungseffekte auf der anderen Seite müssen immer wieder neu zu einander in Beziehung gesetzt werden, um Wirksamkeit und Potential unter verschiedenen Konstellationen im Netzwerk messen zu können. Dynamische Netze verlangen also dynamische Geschäftsmodelle.

Auf all das müssen die Unternehmen sich erst noch einstellen, d. h. sie müssen lernen, neue Abläufe und Geschäftsmodelle zu initialisieren und zu managen. Funktionieren wird das nur, wenn wir alle lernen, die Digitale Ökonomie des Netzes zu verstehen und entsprechend zu handeln. Oder wie der Intel-CEO Craig Barret sagte:
"The Internet Economy forces your business to function differently."

Für ein erfolgreiches E-Business brauchen Sie also mehrere, unterschiedliche Faktoren:
- ein vollständig – intern wie extern - vernetztes Unternehmen
- Mitarbeiter, die diese Vernetzung nicht nur akzeptieren, sondern leben
- Ein neues Kundenbild durch die gesamte Organisation hindurch, denn der Kunde ist nicht nur König, er ist der Kern Ihres Netzwerkes – nicht etwa Ihr Rechenzentrum oder Ihr ISP. Denn je weiter Sie ihn von der Peripherie ins Zentrum holen, desto weniger wird er Ihr Netz wieder verlassen wollen – bauen Sie Ihr Netz also um Ihre Kunden herum!
- Alles, was erfolgreiche Unternehmen schon immer erfolgreich machte: ein attraktives Angebot, professionelles Fulfillment, eine zuverlässige Logistik, funktionierendes Billing und Inkasso und last but not least ein erstklassiger Service.

Das alles digital abzubilden und zu managen ist nicht leicht. Es in der digitalen Welt der Daten wie in der analogen Welt der Waren zu beherrschen, aber ist die eigentliche Herausforderung.

All diese Anforderungen kann kein Unternehmen allein erfüllen, schon gar nicht im Zeitalter der Network Economy. Chancen ergeben sich hier nur durch die bestmögliche Vernetzung mit möglichst vielen der besten an der Wertschöpfung beteiligten Unternehmen. Dies im Unternehmen selbst und in dessen externen Beziehungen zu Kunden und Partnern zu etablieren und voran zu treiben, wird zur wichtigsten Aufgabe des Managements in den kommenden Jahren.

Die Vernetzung des Unternehmens, bzw. die Vernetzung aller im Unternehmen wirksamen Komponenten, Faktoren und Daten wird so von einer technischen zu einer strategischen Aufgabe von höchster Priorität.

Ich habe mich dabei immer von einem Wort des Schweizer Marketing-Gurus Franz Sprecher leiten lassen, das ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:

“Wenn Sie heute eine Vision haben, werden Sie morgen ein Geschäft daraus machen. Wenn nicht, werden Sie morgen überhaupt keine Geschäfte mehr machen.”

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