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Ossi Urchs
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Von ossiu am 07.03.09

Cebit Nachlese

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Zurück aus der norddeutschen Tiefebene bleibt nur noch die Aufgabe das Erlebte medial zusammen zu fassen. Und das war's dann auch schon wieder für ein weiteres Jahr. Was also ist zu berichten von der Welt größter ITK-Messe?

Der erste Eindruck war vernichtend: nicht nur die Aussteller, auch das Fachpublikum schien zumindest am ersten Tag der Messe vor allem durch Abwesenheit zu glänzen: Leere U-Bahnen, Parkplätze allenthalben und viel Zeit und Muße am Eingang wie in den Hallen. Doch das sollte sich noch ändern. Konnte sich am Dienstag vormittag bei SAP in Halle 4 das Standpersonal noch vor allem mit sich selbst beschäftigen, kam schon gegen Mittag in der "Webciety Area" erstmals Gedränge auf, das sich auch an den folgenden Tagen immer wieder bemerkbar machte.

Die Besucher kamen also, wenn auch nicht zu den großen "Stars" und deren Messeständen, dann doch zu Ständen und Themen, die sich plötzlich und wenigstens zum Teil auch unverhofft, als wahre Publikums-Magneten erweisen sollten. "Cloud-Computing" und dessen gelungene Visualisierung (Art Director: Thomas Garcia-Godines) am Stand von IBM entpuppte sich als ein solches. Gerade in der Krise ist die damit versprochene dynamische Computing-Kapazität, sei es für Rechenzentren, oder auch (denkbar) als "Performance-Booster" für das allgemein schwächelnde Rechenvermögen kleiner, mobiler Clients, eine willkommene Alternative.

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A propos "Krise": Die soll die darbende Telko-Industrie und deren notleidende Kundschaft nun mit Hilfe von "Staatsknete" für den Ausbau der Breitband-Infrastruktur überwinden. Und das Mutterland bisheriger Infrastruktur-Netze wie Eisen- und Autobahn, nun auch in Sachen digitaler Netze wettbewerbsfähig machen. DSL bis in den letzten Kuhstall und mehr Bandbreite für alle machen ja auch Sinn und vor allem international konkurrenzfähiger. Und wenn die Telcos und Carrier das nicht allein gewährleisten können (oder wollen), dann muss eben der Staat (also eigentlich: seine Bürger) ran. Das ist zwar gut und richtig, eignet sich aber eigentlich nicht für eine glanzvolle Messe. Wer will schon Lehrrohre und graue Verteilerkästen betrachten?

Auch das zweite große Thema, "Mobile Internet" war zwar in aller Munde, doch zu sehen, gab es auch in diesem Zusammenhang wenig. Zumal die meisten Hersteller wie auch die meisten Provider ihr Pulver bereits in Barcelona beim "Mobile Word Congress" verschossen hatten, und in Hannover durch Abwesenheit glänzten. So blieb allein der Eindruck, dass gefühlt jeder zweiter Besucher ein iPhone über das Gelände trug. Und wer da nicht mithalten konnte (oder wollte), stattdessen also einen Crackberry oder gar ein Gerät eines "Handy-Herstellers" aus der Tasche zog, musste mitleidige Blicke, wenn nicht spöttische Kommentare über sich ergehen lassen.

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Weniger Prestige dafür umso mehr Nutzwert hatten alle Anbieter von Security- und Datenschutzlösungen zu bieten, weswegen sich in der neuen "Security Area" in Halle 11 Messebesucher wie Aussteller drängten. Und das nicht nur bei der schon legendären "Russen-Disco" am Stand von Kaspersky, sondern auch an anderen Ständen und bei anderen Gelegenheiten. Als besonders gastfreundlich, um leibliches wie geistiges Wohlbefinden der Besucher bemüht, erwies sich hier "G-Data" aus Gelsenkirchen. Hier blieb keine Frage lange unbeantwortet, kein Glas und kein Teller lange leer. Und die Produkte auf den Tischen hatten mindestens die Qualität derjenigen am Stand. Eine Oase in der (kulinarischen) Wüste der Messe.

Ganz neue Zielgruppen, unter Ausstellern wie Besuchern, wusste das Thema "Webciety" zu locken. Mal abgesehen von dem allzu trendbeflissenen Titel, waren hier inhaltlich und atmosphärisch die Höhepunkte der Cebit zu erleben. Hier tobte das (Online-)Leben von früh bis spät, hier traf man sich und hier wurde getwittert, was das Zeug und die (Video-)Twitter-Wall hergab.

Und so sind wir auch schon beim eigentlichen, gar nicht mehr heimlichen Star des Saison angekommen: Bei Twitter. Neben den "üblichen Verdächtigen", zeigten sich auch ältere Herrschaften, wie mein Freund Tim Cole, Kommunikations-Profis wie Stephan Fink (PR-Agentur Fink & Fuchs) und auch der Autor dieser Zeilen begeistert von dem neuen Mikro-Kommunikations-Kanal. Selbst "Hobbythek"-Ikone Jean Pütz gestand, dass er das "komische Gezwitscher" wohl doch mal ausprobieren müsste. Standardfrage bei Messe-Gesprächen: "Möchten Sie meine Karte oder den Twitter-Namen?"

Was sich an Twitter geradezu exemplarisch zeigt, ist die Virtualisierung unserer Industrie(n) im besonderen, wie der Wirklichkeit im allgemeinen. 140 Zeichen müssen reichen, zur Beschreibung des eigenen Zustandes, wie des der Welt, zum Bericht von Taten, Gedanken und Entdeckungen. Und zwar genau in diesem Moment.

Natürlich kann man ein Medium wie Twitter nicht an einem weitläufigen Messestand dem staunenden Publikum präsentieren. Man muss Twitter selbst erleben, ja man muss selbst "twittern" um den Reiz, die Möglichkeiten und die Grenzen zu verstehen.

Und genau das müsste das Cebit-Management nachdenklich machen. Google und Twitter, Facebook und Wikipedia passen auf keinen Messestand. Sie haben keine physischen Produkte zu präsentieren. Sie brauchen nichts weiter als einen Internet-Zugang, ein paar Laptops und eine ruhige Ecke zum reden. Eher eine Lounge als einen Messestand. Es sei denn einen, wie den von G-Data: der hatte beides. Und ich frage mich, welcher Teil der wichtigere und (geschäftlich) erfolgreichere war.

Kommentare …

Hi - es war wie in jedem Jahr ein Vergnügen, einige Weg auf der Messe mit Dir zu teilen. Bezgl. des von der Messe gesetzten Themas WebCiety teile ich deine Eindrücke, die bzgl. anderer Teile der Messe nicht wirklich.

Wenn ich die mir mitgeteilen Freitagsbilanzen von Kunden und anderen Ausstellern - auch aus Halle 4 und sogar aus dem Banken-Bereich -, meine eigenen Eindrücke und die Zwischenbilanz der Messe Revue passieren lasse, so bin ich positiv überrascht. Fast durchgängig positive Aussagen bzgl. Besucherzahl, Qualität und Zielorientierung der Gespräche. Die relativ hohe Zufriedenheit hat ihre Ursache auch nicht aufgrund im Vorfeld gedämpfter Erwartungen.

Klar war die Messe kleiner und wahrscheinlich werden es auch weniger Besucher sein. Nur schicken in Zeiten knapper Kassen die Kunden keine Einkaufsdelegationen mehr auf die Messe und für den Schulausflug ist die CeBIT wohl auch kein Thema mehr. Letztlich geht es um Business, und hier sahen zumindest meine Gesprächspartner deutlich mehr Impulse als ein Lichtchen am Ende des Tunnels. Ich interpretiere dies auch nicht als Pfeifen im dunklen Tann. Ich bin gespannt, welche Abschlüsse und damit Signale von der CeBIT ausgehen werden.

Wirklich bedauerlich empfand ich die lückenhafte Präsenz der Telekommunikationsanbieter und die Abwesenheit der CE-Anbieter. Denn letztlich gibt es heute - so wenig das manch einer mag - fließende Grenzen zwischen privater und geschäftlicher IT/TK/UE sowohl für Unternehmen als auch das Individuum. Doch dies ist eine weitere interessante Diskussion für eine andere Stelle. Ebenso enttäuschend fand ich den Green-IT-Park, zu dem es wirklich nichts zu ergänzen gibt.

Dass Twitter und Co. nun auch in Deutschland weiter nach vorne kommen finde ich so spannend wie Du. Doch hier muss ich einschränkend sagen, dass dies noch immer nicht alle mitbekommen und vor allem in seiner Tragweite verstanden haben. Ganz spannend finde ich hierbei den http://twitter.com/webciety_bot , der das gesamte über die CeBIT via Twitter kommunizierte CeBIT-Stimmungsbild vermittelt. Achtung: die Business-machenden "Digital-Immigrants" fehlen hier mit Ihren Statements.

Und im Gegesatz zu Dir finde ich die Breitband-Initiative mehr als wichtig. Wir diskutieren dieses Thema in unserer Medienpolitischen Kommission seit längerem. Denn es geht nicht um vernetzte Kuhställe sondern den Anschluss von mittelständischen Unternehmen in den Randzonen der Digitalen Welt, die laut Breitbandatlas auch 30 Kilometer südlich von Frankfurt schon beginnen. Denn wenn der Anschluss nicht kommt, gehen diese Unternehmen zu den Anschlüssen. Und wirtschaftlich sterbende und zu Wohnsatelliten schrumpfende Dörfer und Kleinstädte wollen wir doch beide nicht.

Und nicht zuletzt hat die CeBIT mir und tausenden Ausstellern/Besuchern neben vielfältigen Impulsen die Möglichkeit gegeben, viele interessante und interessierte Kollegen persönlich zu treffen. Dies hat mir tausende von Reisekilometern und viel Zeit gespart. Und das persönliche Gespräch liegt bei mir - bei allem digialen Austausch - noch immer weit vorne.

Bis spätestens zum nächsten Jahr auf der CeBIT Gruß Stephan Fink

08.03.09 11:08   von step

Hi Stephan,
natürlich ist EINE Breitband-Initiative wichtig. Ob die allerdings in der gegenwärtigen Form, Ziel- und Zusammensetzung Sinn macht, ist eine ganz andere Frage. Natürlich war der "Kuhstall" bildlich gemeint - nix gegen Kühe an dieser Stelle, und schon mal gar nichts gegen deren Ställe - immerhin habe auch ich einen großen (und schönen) Teil der Kindheit in und um einen solchen verbracht.

Breitband auf dem Land ist ebenso wichtig wie der Ausbau der zur Verfügung stehenden Bandbreiten in allen Bereichen, auch und gerade mit staatlicher Unterstützung. Damit aber das Ende der aktuellen Krise zu propagieren ist ungefähr so, sie Hitler mit dem Bau der Autobahnen zu entschuldigen. Wir brauchen eine moderne Breitband-Infrastruktur mindestens ebenso wie eine moderne Verkehrs-Infrastruktur. Einen Aufschwung wird es aber erst wieder geben, wenn wir alle lernen diese Infrastruktur auch sinnvoll und gewinnbringend zu nutzen, also die entsprechenden Applikationen dafür zu entwickeln.

09.03.09 12:15   von Ossi Urchs