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Von ossiu am 04.05.05

Grüne Soße

Frankfurter Grüne Soße

Dieses Gericht ist der wesentliche (mein Mann meint: der einzige) Beitrag der Hessen zur Kunst des Kochens.

Es besteht aus sieben Frühlingskräutern und wird traditionell nur in der Zeit zwischen Gründonnerstag und Johannistag, dem 24. Juni, verzehrt. Der Donnerstag vor Ostern gilt als der erste Erntetermin für Petersilie, Schnittlauch, Sauerampfer, Borretsch, Kresse, Kerbel und Pimpernelle. Ende Juni sollen sie nicht mehr gepflückt werden, da sie nun blühen, Samen ansetzen und die Kraft der Blätter verloren geht.

Grüne_Soße5.JPG

Hier ein Rezept für zwei Personen aus der Küche meiner Großmutter:

6 Eier
1 TL Dijonsenf
Salz und Pfeffer aus der Mühle
1 Spritzer Zitronensaft
einige EL neutrales Öl (aus Raps oder Disteln)
ein Paket Grüne Soße (wird auf Hessens Wochenmärkten und in gut sortierten Gemüsegeschäften verkauft)
1 Becher warme Gemüse- oder Rinderbrühe
1 EL Creme Fraiche
1 Pfund neue Kartoffeln
1 EL Butter, Meersalz

Zwei Eier werden wachsweich gekocht, das dauert, wenn sie kalt aufgesetzt werden, je nach Größe zwischen drei und vier Minuten. Die Eier kalt abschrecken, schälen und vorsichtig halbieren. Die Eigelbe in eine Schüssel geben, dazu den Senf, Salz, Pfeffer, einen Spritzer Zitronensaft. Alles mit einem Schneebesen verrühren, dann nach und nach das Öl zugeben, so daß eine feste Mayonnaise entsteht. Das Eiweiß in Würfel schneiden und unterheben.

Grüne_Soße3.JPG

Die Kräuter – jede Sorte für sich – verlesen und von harten Stielen befreien. Nur mit Erde behaftete Blätter vorsichtig waschen und trocknen (das Gericht wird sonst wässrig). Dann jedes Kraut für sich mit dem Hack- oder Wiegemesser fein zerkleinern. Die Blätter sollen noch ein wenig „Biß“ haben. Ich beginne meistens mit der Petersilie, weil sie von allen Kräutern das kräftigste ist. Die Kräuter portionsweise unter die Mayonnaise heben, die Masse wird nun schnell ziemlich trocken, deshalb die warme Brühe in kleinen Portionen (Teelöffel für Teelöffel) zugeben. Der Schnittlauch wird natürlich nicht gehackt, sondern mit dem Gemüsemesser in feine Röllchen geschnitten. Zum Schluß die Creme Fraiche zufügen und unterrühren. Die Grüne Soße mit einem Teller abdecken.

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Die Kartoffeln schrubben, in kaltem Wasser mit Meersalz und Butter aufsetzen, die Kochzeit bestimmt sich nach Größe und Sorte, bei kleinen, neuen Galatinern aus Italien beträgt sie ca. 13 Minuten. Die restlichen vier Eier ebenfalls wachsweich kochen, dieser Kochvorgang sollte ca. zwei Minuten vor Ende der Kochzeit der Kartoffeln abgeschlossen sein, damit die Eier noch abgeschreckt und geschält werden können. Grüne Soße noch mal durchrühren, in eine Servierschüssel füllen, die halbierten Eier darauf arrangieren mit den abgedämpften Kartoffeln servieren und sofort essen.

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Ein Frühlingsgedicht, an dem auch Johann Wolfgang von Goethe seine Freude hatte. Das Kochbuch der Frau Rath Schlosser aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verzeichnet eine „Grüne Sauce zum Ochsenfleisch“, die im Wesentlichen dem oben beschriebenen Rezept ähnlich ist, anstelle des Zitronensafts verwendet sie Essig und statt der Creme Fraiche sauren Rahm. Sie nennt jedoch als Kräuter nur Petersilie, Borretsch, Pimpernelle und - Drachant (Estragon) und passiert die Soße vor dem Servieren durch ein feines Sieb.

Grüne Soße passt nicht nur zu Eiern und zu Ochsenfleisch (Tafelspitz schmeckt am besten), sondern auch zu Fisch, Wild und Geflügel. Wir essen sie auch gerne mit neuen Kartoffeln zu köstlichem Spargel, dann reicht unser Rezept für vier Personen.

Man tut gut daran, beim Einkauf der Kräuter die Augen offen zu halten. Es ist nicht unüblich, sich die Packung öffnen zu lassen und zu überprüfen, ob alle sieben Kräuter in gutem Zustand vorhanden sind. Am Beginn der Saison, wenn die Ernte noch mager ausfällt, wird das Paket gerne mit viel krauser Winterpetersilie „aufgepolstert“, damit dieses Kraut das Gericht nicht dominiert, verwenden wir häufig nur einen Teil davon. Manchmal müssen wir mit Kräutern aus Garten oder Balkonkasten „nachbessern“ – die Pimpernelle-Zuteilungen sind in diesem Jahr verschwindend klein. Wer in der Saison regelmäßig Grüne Soße zubereitet, wird merken, wie sich der Charakter und das Verhältnis der Kräuter zueinander in der Zeit zwischen März und Juni verändern, spätestens am Johannistag ist aus dem zarten Frühlingsgedicht eine kräftige Abschiedsmelodie geworden.

Sigi Höhle

Kommentare …

wow, vielen dank für die mühe! von der hessischen 'grünen sosse' hat tomas mir schon vorgeschwärmt -- nur wo krieg ich im westfälischen die kräuter her? pimpernelle?

freut sich schon auf 'ars vivendi' mit indischen rezepten:
-martin {~;

04.05.05 18:53   von martin

Alter Witz aus meiner Familie. Jedesmal, wenn es bei uns zu Hause in Lämmerspiel Grüne Soße gab, grinste mein Vater und sagte: "Wir haben mal wieder den Rasen gemäht."
Dein Vater ist doch Gärtner, oder?
Wenn keine Pimernelle, dann eben keine. Sie wächst seit Jahren in meinem Garten, und Du kannst sie als Topfpflanze auf dem Offenbacher Wochenmarkt kaufen. Solltest Du mal zur richtigen Zeit in Offenbach sein und der Termin würde mir gerade passen, lade ich Dich auch gerne zu Goethes Leibegericht ein.
Sigi

04.05.05 23:46   von Sigi

hey, die einladung merke ich mir -- ansonsten wären wir ja 'dran', uns ein essen zu überlegen …

was die kräuter betrifft, wachsen bislang auf meinem balkon salbei, rosmarin, schnittlauch und ein riesenbeet minze (jugoslawische, vom nachbarn geklaut, ganz grossartig! im sommer ernaehren wir uns nur von mojito & cous cous) aber vielleicht ist es zeit, mal was neues dazuzunehmen ;-)

05.05.05 02:33   von martin

Alle mal herhören: Dieses Rezept ist SO köstlich, dass es einen fast schon wieder mit der hessischen Küche versöhnen könnte. Unbedingt ausprobieren!

(Auch wenn es natürlich nur WIRKLICH göttlich schmeckt, wenn Siggi selbst das Messer beim Kräuterhacken geführt hat...)

TC

21.06.05 11:51   von Tim Cole

und wann gibts hier mal ne fortsetzung? hessiche kueche schoen und gut, aber was ist mit indien? griechenland?

jetzt isses raus: ich mag kochblogs …
>> http://SheWhoEats.Blogspot.com/
>> http://www.CookingForEngineers.com/

28.06.05 20:17   von martin