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Von ossiu am 17.01.05

You Ain't Seen Nothing, Yet - Die Entwicklung des E-Business

Vortrag bei der Strato AG, Berlin, im September 2004

Nach dem Platzen der "Dotcom-Blase" im Jahr 2001 sackte die gesamte Börse zunächst ins scheinbar Bodenlose, das Geschäft mit dem Internet schien beendet, bevor es richtig begonnen hatte. Aus eben noch hippen Start-Ups wurden peinliche Pleitiers. „B2C“ übersetzte man höhnisch mit „Back To Cincinatti“ – mit dem Internet, so der neue, mediale Common Sense, lasse sich einfach kein Geld verdienen.

Dabei ist der Gegenbeweis für diese absurde Behauptung bereits 10 Jahre alt. Denn bereits 1994 ging die erste E-Commece-Website online. Inzwischen werden, laut Forrester Research, nicht nur $ 140 Milliarden über das Web umgesetzt. E-Commerce hat auch, wenn nicht unser Leben, dann doch unser Einkaufsverhalten entscheidend verändert. Bücher und DVDs kaufen wir bei Amazon, Apples iTunes-Store hat digitale Musik zu einem Teil unseres Lebens gemacht, und die Schnäppchen auf eBay machen Geiz erst richtig geil.

Und Erfolg wird bei all diesen Unternehmungen nicht linear, sondern, wie immer in vernetzten Umgebungen exponentiell gemessen: Denn intern hilft die Vernetzung dabei Prozesse zu vereinfachen, Hierarchien abzubauen und Laufzeiten zu verkürzen, also Kosten zu sparen, während extern über das Internet neue Märkte erschlossen und neue Kunden gewonnen werden.

Wie dieser sog. „Netzwerk-Effekt“, auf den ich später noch zurückkommen werde, funktionieren kann, zeigt auch unser Gastgeber Strato. Er betreibt durch interne wie externe Vernetzung nicht nur das eigene Hosting-Geschäft effektiver, sondern gibt die damit erzielten Vorteile auch an die eigenen Kunden weiter. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, die in den Geschäftsmodellen der Internet-Dienstleister bislang allenfalls eine untergeordnete Rolle spielten, kommen durch speziell auf ihre Anforderungen und Möglichkeiten zugeschnittene Leistungs-Pakete – von der V-Karte im Web bis zur komplexen E-Biz-Installation - nun in den Genuss des besagten Netzwerk-Effekts und können an der globalisierten Wirtschaft des Informationszeitalters teilnehmen. Das Zeitalter des E-Business hat also eigentlich erst begonnen.

Nur ist der Übergang vom Industrie- zum Informationszeitalter nicht so einfach und reibungslos zu bewerkstelligen wie wir alle, sicher ein wenig naiv, dachten. Gilt es doch, nicht nur den Umgang mit einem neuen Medium zu erlernen - schon das allein ist schwer genug. Es geht darum, ganz neue Formen der Arbeit und des Wirtschaftens zu realisieren – um einen fundamentalen Relaunch des ganzen Unternehmens mithin.

Wir müssen alle noch lernen, wie das Internet zu nutzen ist, um unsere Kunden besser kennen und verstehen zu lernen. Und wir müssen gleichzeitig lernen, das Internet zum Management eines ganzen Unternehmens zu nutzen. Aber wir müssen auch lernen, dass mit dem Internet allein noch nichts gewonnen ist: erst wenn auch effektive Fullfillment- und Logistik-Prozesse, einfache und sichere Billing- und Payment-Verfahren, sowie ein für den Kunden unmittelbar spürbares Mehr an Service im vernetzten Unternehmen implementiert sind, kann E-Business funktionieren.

Es kommt also nicht nur darauf an, vernetzte Strukturen und Abläufe aufzubauen; digitale und analoge Elemente, virtuelle und höchst reale Welten müssen in einem E-Business-Unternehmen reibungslos miteinander harmonieren und funktionieren. Ein langer und beschwerlicher Weg. Aber eben auch ein lohnender und durchaus profitabler Lernprozess.

Das Ziel dieses Lernprozesses hat Tim Berners-Lee, der Vater des World Wide Web, dessen gerade mal 12 Jahre alten Original-Vorschlag zu einem World Wide „Mesh“ Sie auf der Folie sehen, in seinem Buch „Weaving the Web“ auf den Begriff gebracht:

"The Web brings the working of society closer to the working of our minds."
Tim Berners-Lee


In einer vernetzten Gesellschaft und Wirtschaft müssen wir also lernen, so zu funktionieren wie unser eigener Geist. Das hört sich einfach an, ist aber von den philosophischen wie von den wirtschaftlichen Implikationen ausgesprochen schwer zu realisieren. Bevor wir uns dieser Zukunftsaufgabe widmen, scheint es angebracht, einen Moment bei der Gegenwart des Internet zu verweilen, denn die sieht, jenseits aktueller Depressionen, an den Börsen wie in den Köpfen, gar nicht so übel aus.

- Über 660 Millionen Menschen haben Zugang zum Internet, 38 Millionen davon allein in Deutschland (laut NUA und GfK) – ca. 60% aller Erwachsenen ...
- Über 54 Millionen WWW-Domains weltweit und ca. 7,9 Millionen .DE-Domains gibt es heute
- Die schier unvorstellbare, wenn auch mit Vorsicht zu genießende Zahl von 5 Milliarden Web-Seiten ist online und
- 2003 errechnete der HDE einen E-Commerce-Umsatz in D von € 11 Milliarden; in diesem Jahr sollen es schon € 13 Milliarden sein – eine Steigerungsrate von über 18% mitten in der schwersten Konjunktur-Krise seit Jahrzehnten!

Und damit ist das Internet nicht nur das am schnellsten gewachsene Medium aller Zeiten, es ist zu einem nicht mehr wegzudenkenden und unverzichtbaren Bestandteil unsers alltäglichen Lebens, unserer Arbeit wie unserer Freizeit geworden.

Was bedeutet es denn eigentlich, wenn aktuell über 20 Millionen Menschen allein in Deutschland im Web einkaufen und ihre Bankgeschäfte erledigen? Einen Strukturwandel unseres Einkaufsverhaltens und unseres Wirtschaftslebens. Es bedeutet aber auch und darüber hinaus, dass sich unsere ganze Art zu leben und zu lernen, zu arbeiten und Geschäfte zu machen gerade fundamental verändert.

Vor allem bedeutet es, dass wir diese neue Lebensweise unter den Bedingungen der Vernetzung, die wir bislang allenfalls miterlebt haben, erst einmal verstehen müssen. Wir müssen begreifen, was uns da in den letzten Jahren überrollt hat. Wir und das Web müssen mit einander erwachsen werden.

Dieser fundamentale, durch das Internet und seine Nutzer herbeigeführte Strukturwandel, macht auch und gerade vor den Unternehmen nicht Halt. Sie müssen sich den Wünschen ihrer Kunden öffnen. Mit anderen Worten: sie müssen sich mit Kunden, Partnern und Mitarbeitern vernetzen – in einem bisher nicht vorstellbaren Maß. Und das gilt nicht nur für weltweit operierende Konzerne, sondern auch für jedes kleine und für jedes mittelständische Unternehmen! Oder wie es der amerikanische Management-Guru Tom Peters salopp formulierte: „Das Internet verändert ALLES. Beschäftigen Sie sich intensiv damit. Sonst wird es verdammt eng!“

Mit anderen Worten: Wir befinden uns mitten im Wandel vom Industrie- zum Informationszeitalter.

So schön das klingt, so problematisch kann dieser Weg in der Praxis sein. Wir alle müssen doch erst einmal lernen, das eigene Unternehmen dynamisch auf die ebenso dynamischen Stimuli des Marktes, der Kunden und der Mitarbeiter reagieren zu lassen.

Das gilt auch und gerade für den Mittelstand. Aber wer sollte den Mittelstand fit machen für diesen fundamentalen Wandel, wenn nicht interneterfahrene Berater und Dienstleister? Ob es darum geht, den gerade im Mittelstand verbreiteten Ängsten vor der vernetzten Zukunft durch „vetrauensbildende Maßnahmen, wie TÜV-Zertifikate (Glückwunsch!) oder „Trusted-Shop“-Zeichen zu begegnen, oder den oft ganz unterschiedlichen Anforderungen vieler kleiner Unternehmen durch flexible und preiswerte Lösungen gerecht zu werden. „Wir haben verstanden“ darf hier kein hohler Werbe-Slogan bleiben, sondern muss zur erlebten Realität des Kunden werden.

Und das ist nur der Anfang: So ist z. B. heute schon die Entwicklung eines neuen Automodells ganz und gar von der Vernetzung geprägt; von der CAD-Software bis zur weltweiten Vernetzung von Entwicklerteams und Produktionsplanung. Auch im Auto selbst arbeiten Dutzende so genannter „Embedded Chips“ und Kleinstcomputer. Der Kabelstrang zu ihrer Vernetzung ist das wichtigste Bauteil eines heutigen Mercedes, das vernetzte Telematik- und Systemmanagement ein wesentlicher Marketingfaktor für den 7er BMW. Aber auch ganz andere Bereiche, vom Fernsehen bis zur Telekommunikation werden heute durch die Vernetzung auf der Basis des Internet-Protokolls radikal verändert.

Und das ist auch in anderen Branchen nicht anders. Denn Wachstum ist z. Z. nur in Geschäften, die über das Internet abgewickelt werden, denkbar – die aktuellen Zuwachsraten im E-Commerce belegen das eindrucksvoll. Die Kunden genießen diese Entwicklung, die ihnen so offensichtliche Vorteile beschert. Aber die Unternehmen, insbesondere der Mittelstand, müssen noch lernen mit ihren Kunden Schritt zu halten. Dazu fehlen häufig die Ressourcen genauso wie das Know-How. Deswegen braucht der Mittelstand Partner, die in der Lage sind, seine Probleme zu verstehen und dem entsprechende Lösungen anzubieten.

Denn die Systeme, die Sie zur Vernetzung einsetzen, sind von entscheidender Bedeutung: sie müssen effektiver und sicherer, gleichzeitig aber auch flexibler und zeitgemäßer sein als die des Wettbewerbers. Je mehr Entwickler Sie an so einem Projekt beteiligen, desto eher sind diese Ziele zu erreichen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Sie diese Beteiligung überhaupt ermöglichen. Z. B. indem Sie den Quellcode der Lösung freigeben. „Open Source“ heißt das bekannte und erfolgreiche Verfahren in der Software-Entwicklung. Damit kann potentiell jeder Entwickler im Netz seinen Beitrag zu einer Entwicklung leisten – nicht nur Ihre Mitarbeiter, deren Zahl grundsätzlich endlich ist.

Sie merken: Da hat sich etwas fundamental gewandelt. Ging es früher noch darum, das, was Wettbewerbs-Vorteile versprach, zu schützen, ja im besten Fall geheim zu halten – unser ganzes technisches Patent-System beruht darauf und deswegen zielt die aktuelle Debatte um Software-Patente in die grundsätzlich falsche Richtung - , so geht es nun darum, diesen Vorteil möglichst bekannt und zugänglich zu machen. Nur so lässt sich der „Netzwerk-Effekt“ produzieren und ausnutzen!

Wir müssen also begreifen, welche Konsequenzen vernetzte Arbeitsweisen – Stichwort „Tele-Arbeit“ - für die Unternehmenskultur und –organisation haben. So müssen neue, virtuelle Gemeinschaften die traditionellen Bürogemeinschaften ergänzen – Mitarbeiter- und Kunden-Communities müssen in „Projekt- und Unternehmens-Netzen“ etabliert werden. Vernetzte Teams müssen tiefe Hierarchien ersetzen. Herrschaftswissen lohnt nicht mehr, es führt ins wirtschaftliche Abseits. Kein Bereich in der Organisation wie im Management bleibt von dieser Entwicklung ausgeschlossen.

Warum aber wird ausgerechnet das Internet Protokoll IP zur gemeinsamen Basis ansonsten unterschiedlicher Kommunikationsprozesse Dienstleistungen und Geschäftsmodelle?

Das ganze Geheimnis dieser einmaligen Erfolgsstory ist eine ebenso einfache wie geniale Idee. Statt wie alle anderen Telekommunikations-Systeme die Endgeräte der jeweiligen Teilnehmer zu verbinden, also zu einem temporären Netz zusammenzuschalten, werden in einem IP-Netzwerk nur die eigentlichen Kommunikationsinhalte in Daten-"Paketen" geroutet, also zu einem Endgerät geleitet. Das schont nicht nur Netzwerk-Ressourcen, und macht die Kommunikation hocheffizient, es ermöglicht auch ganz unterschiedliche Daten über die gleichen Netze zu vermitteln. So können IP-Pakete alles Mögliche enthalten: eine Mail oder ein Video, ein Telefongespräch oder Geschäftsdaten, kurz: alles, was sich digital darstellen lässt.

Damit bietet schon die Infrastruktur des Unternehmens-Netzes ein erhebliches Potential zur Kostenreduktion. Warum brauchen Sie neben dem Daten- auch noch ein Telefonnetz nebst kostspieliger Anlage? IP-Telefonie heißt die für immer mehr Unternehmen immer interessanter werdende Lösung. „Konvergente Netze“ auf der Basis der Internet-Architektur bieten aber deutlich mehr als nur „Spar-Potential“ : Sie bieten v. a. die Möglichkeit ganz unterschiedliche Applikationen immer dann zur Verfügung zu stellen, wenn der Bedarf danach besteht. Ob es um Telefonie- oder Storage-Lösungen geht, um CRM oder um Rechner-Kapazitäten – „Aplications On Demand“, so zu sagen. Und Software wie der „Communicator“ von Strato stellt sie dann nicht nur intern, sondern auch extern im Home-Office und unterwegs zur Verfügung

Grundlage und Voraussetzung um solche Möglichkeiten auch erfolgreich nutzen zu können, ist die Offenheit der Internet-Architektur. Jeder kann auf der Basis verbindlich definierter und frei zugänglicher Regeln, der Internet-Standards und Protokolle, eigene Anwendungen und Angebote entwickeln.

So wie Tim Berners-Lee selbst es mit dem WWW tat: Er nutzte die bekannte Hypercard-Technologie um ein Dokument mit einem anderen durch einen „Link“, also einen Verweis, zu verbinden. Indem er dieses Konzept auf die in einem IP-Netzwerk verteilten Dokumente anwendete, schuf er eine ebenso einfache wie geniale Möglichkeit vernetzter und multimedialer Zusammenarbeit. Und löste damit die größte mediale Revolution seit Gutenbergs Erfindung der Druckpresse aus.

Deswegen wachsen heute alle, früher einmal säuberlich getrennten Netze, vom Telefon- bis zum TV-Netz auf der Basis der Internet-Architektur zusammen – selbst Telekom will bis 2012 umstellen! Und deswegen sind auch immer mehr Lebens- und Wirtschaftsbereiche davon fundamental betroffen: das Internet hält Einzug in alle Lebensbereiche. Zu Hause, unterwegs, am Arbeitsplatz und in der globalisierten Wirtschaft.

Das Internet hat sich also mitten in der aktuellen Krise und schneller als jedes andere vor ihm zu einem veritablen Massenmedium entwickelt. Zu einem Massenmedium "neuen Typs" allerdings. Waren in allen bisherigen, "linearen" Massenmedien "Sender" und "Empfänger" prinzipiell, technisch wie ökonomisch, voneinander unterschieden, so gilt dieses Kommunikationsparadigma im Internet nicht mehr: In diesem "interaktiven" Massenmedium kann jeder Nutzer sowohl Sender wie auch Empfänger sein und so prinzipiell jederzeit mit jedem anderen Nutzer in Austausch treten. Und je reifer und entwickelter das Internet und seine Nutzer sind, denken Sie etwa an Weblogs oder die P2P-Netze, desto mehr wird sich dieses Potential auch realisieren, desto mehr also wird das Internet zu einem interaktiven und personalisierten Massenmedium, werden.

Indem etwa die an einem Thema interessierten Nutzer eines Peer-To-Peer-Netzes direkt miteinander in Austausch treten, wirkt ihre vernetzte Kommunikation wie das Zusammenspiel unterschiedlicher sensorischer Impulse, aus denen sich im menschlichen Bewusstsein ein Bild seiner Umgebung zusammensetzt. – Sie erinnern sich an die Worte von Berners-Lee: Die Vernetzung bringt die Menschen dazu, immer mehr so zu funktionieren wie ihr eigenes Gehirn, ihr eigener Geist.

Dem haben auch alle auf dieser Art der Vernetzung aufsetzenden Geschäftsmodelle Rechnung zu tragen: Sie müssen also überlegen, wie Sie die Vorteile, die das Internet dem Nutzer bietet, für Ihr Geschäft nutzen können.

Auch jede Form "kommerzieller Kommunikation", also der Austausch zwischen Unternehmen, Kunden und Partnern, ist von dieser Veränderung betroffen. Im Internet geht es nicht mehr um "Zielgruppen" und "Marktsegmente" sowie deren "kleinsten gemeinsamen Nenner", sondern um Wünsche und Bedürfnisse jedes einzelnen Nutzers und damit potentiellen Kunden. Nicholas Negroponte, der Gründer des Media Lab am MIT, hat darauf schon vor Jahren visionär hingewiesen:

“Instead of advertisers soliciting response, they’ll have to respond to the solicitations of potential customers - Nicht mehr die Werber werden Reaktionen auslösen, sondern sie müssen auf die Anforderungen potentieller Kunden reagieren.”

Nicht mehr das Marketing formuliert also die gewohnten "Messages". Im Gegenteil: Im Internet muss es auf Bedürfnisse und Interessen jedes einzelnen Kommunikationspartners adäquat reagieren.

Was Sie hier deutlich spüren, ist die „neue Macht“ des Kunden in einem von der Nachfrage geprägten Markt. Und der beschränkt sich nicht einmal auf das Web allein – wie beispielsweise die Reform der Rabattgesetze in Deutschland eindrucksvoll belegt.

Da die Kunden nicht mehr einsehen werden, warum sie auf die neue Freiheit und die ungewohnte Macht, die das Internet ihnen bietet, in anderen Lebensbereichen verzichten sollen, werden halbherzige "E-Business"-Strategien schon bald der Vergangenheit angehören. Einfach weil die Kunden inzwischen Besseres gewohnt sind. Und das suchen sie immer häufiger im Internet. Das Problem liegt also auf der Anbieterseite, auf Seiten der Unternehmen, die immer noch nicht verstanden haben, wie sie die Wünsche ihrer Kunden erfüllen sollen: Mehr als 50% aller Online-Einkäufe werden hierzulande vor dem Abschluss abgebrochen – eindrucksvoller lässt sich die Unzufriedenheit der Kunden kaum belegen.

Allerdings wird das Internet damit mehr als nur ein neuer Vertriebskanal: es wird zur Plattform interner wie externer Unternehmensprozesse, zum mobilen Dienstleistungsinstrument für alle Lebensbereiche und schließlich auch zum Forum individueller Unterhaltungsangebote, dessen Inhalte entweder zum Download vorgehalten oder in Echtzeit "gestreamt" werden. Die "Seiten-Metapher des Web wird damit mehr und mehr durch eine neue "Channel"-Metapher des Breitband-Internet abgelöst.

Wenn dieser Umbau gelingt, wird das Internet sein Potential realisieren, zum neuen Universalmedium für alle Kommunikationsanforderungen der Informationsgesellschaft zu werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Internet seine heute noch bestehenden Grenzen überwindet, indem es


- Ubiquitär verfügbar,
- jederzeit skalierbar,
- einfach zu nutzen sein wird.

Wenn das Internet also wirklich zum "Universalmedium" des Informationszeitalters werden soll, muß es in jedem Fall überall verfügbar und entsprechend der jeweilig spezifischen Aufgabenstellung nutzbar sein. Die für diese Anforderung notwendige Bandbreite ist heute ebenso verfügbar wie grundsätzlich bezahlbar geworden. Das Problem liegt in der Dynamik der Nutzung bzw. entsprechend dynamischen Abrechnungsmodellen.

Eine Lösung ist erst durch dynamische Netzwerk- und ebenso dynamische Pricing-Modelle zu erwarten. Davon sind wir heute noch ein gutes Stück entfernt, auch wenn IPv6 am Horizont grüßt. Dennoch: Jeder Netzzugang kann heute schon zu meinem persönlichen Arbeitsplatz werden – wie der bereits erwähnte „Communicator 2.0“ belegt. Vorausgesetzt der Zugang ist skalierbar, und bietet eine meinen Anforderungen entsprechende Sicherheit.

Indem das Internet an unterschiedlichen Geräten, in ebenso unterschiedlichen Zusammenhängen genutzt werden kann, ergibt sich auch die Möglichkeit zu neuen Nutzungsarten:

Wir beobachten also eine Ausdifferenzierung der Internet-Nutzung, eine nie geahnte Vielfalt von Geräten, Angeboten und Diensten auf der Grundlage von Internet-Technologien. Denken Sie etwa an den Mobilfunk der nächsten Generation: UMTS oder die in Zeiten von W-LAN mögliche, einfache Vernetzung eines Haushaltes oder der ganzen Nachbarschaft. Der Trend heißt also: Technische Konvergenz bei inhaltlicher Differenzierung!

Und damit werden sich nicht nur die unterschiedlichen Nutzungsarten, sondern auch die zur Nutzung eingesetzten Endgeräte noch weiter voneinander entfernen. Der Erfolg solcher „single purpose devices“ ist leicht zu erklären: Je genauer ein Gerät einen ganz bestimmten Zweck erfüllt, desto weniger muß beim Umgang mit diesem Gerät erlernt werden. In immer mehr Geräten ist heute schon „Internet Inside“, weil die "Internettauglichkeit" zur notwendigen Bedingung des Erfolgs jedes Gerätes und jeder Anwendung und damit auch jedes Unternehmens am Markt wird.

Je mehr das Internet aber für die Unternehmen zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor der Informationsgesellschaft wird, desto mehr wird es selbst hinter den über die IP-Netze vermittelten Anwendungen "verschwinden": Das Internet wird zur Selbstverständlichkeit – seine Komplexität von den Nutzern entkoppelt. So wie heute das Stromnetz: jeder nutzt es, ohne sich Gedanken darüber zu machen.

Und das ist keine Zukunftsmusik: IBM spricht vom Internet als der neuen „Utility“, einer Grundversorgung wie Strom oder Wasser. Umsatzrelevante Vorteile werden zukünftig also nur noch durch besondere Service- und Qualitätsmerkmale zu erzielen sein. Und dieser Trend – Service als USP – wird schon bald für jedes im Internet handelnde Unternehmen Gültigkeit haben.

Das ist die Herausforderung. Und die ist nicht gerade klein. Ihr gegenüber steht allerdings eine ebenso große Chance: Kein anderes Medium bietet bessere Möglichkeiten einen optimalen, ganz auf den einzelnen Kunden abgestimmten Service zu bieten, als dieses – Sie erinnern sich – interaktive und personalisierte Massenmedium neuen Typs.

A propos „Kunde“: Bislang haben wir den Übergang von der Industrie zur Informations-Gesellschaft wesentlich von der Unternehmensseite aus betrachtet. Wie aber sieht dieser Wandel aus Perspektive des Kunden aus?

Allein die Zuwachsraten im E-Commerce belegen eindrucksvoll, dass er die Möglichkeiten der Vernetzung jedenfalls schneller versteht und aktiver nutzt als die Unternehmen in Deutschland. Gleiches gilt ja auch für die Nutzung breitbandiger Zugänge zum Internet. Überhaupt wurden alle wesentlichen Innovationen der Netzwerk-Kommunikation, von den P2P-Netzen bis zu Weblogs, vom Online-Banking bis zum E-Learning von den privaten Nutzern schneller und aktiver betrieben als von den Unternehmen.

Vernetzung wird für den Kunden/Nutzer zur Selbstverständlichkeit und ebenso genutzt – und damit zu einem „Lifestyle-Phänomen“. Da Wirtschaft sich aber – wenn überhaupt – einem Lifestyle nur im Sinne seiner Verwertung widmen kann, während der Kunde als „Zeitgenosse“ ihn nicht etwa nur konsumiert, sondern (er-)lebt und bewusst oder unbewusst vorantreibt und gestaltet, hat sich eben dieser Kunde zum „Driver“ der Network Economy entwickelt:

Der nächste große wirtschaftliche Entwicklungsschritt in der vernetzten Kommunikation wird vom Endkunden und Konsumenten ausgehen und getrieben werden.

Die Wirtschaft hat sich – gerade im „High-Tech“- und im Telekommunikations-Sektor - nicht nur verausgabt, sie hat sich schlicht übernommen, wie das Platzen der Börsen-Blase auf dem Höhepunkt des „Dotcom-Booms“ eindrucksvoll belegte. Darüber hinaus erlebt sie z. Z. einen Strukturwandel wie seit Jahrzehnten nicht mehr: die aktuelle Diskussion um die Reform der Sozial-, Gesundheits- und Rentensysteme sind ein beredter Ausdruck davon. Die Wirtschaft hat, um es kurz zu machen, das Vertrauen in sich selbst verloren. Der ganze „Wachstumssektor der Wirtschaft“ von der IT- über die Medien- bis zur Telekommunikations-Industrie verhält sich in dieser Situation wie ein angeschlagener Boxer im Ring: er folgt seinem „Flucht-Instinkt“

All das spielt für den Konsumenten keine (kauf-)entscheidende Rolle. Sicher wirft er, zumal in unsicheren Zeiten, nicht sein Geld um sich. Hat er sich aber erstmal an das Neue gewöhnt, sieht er, dass „es weitergeht“, dann will er auch wieder dies oder das kaufen, erledigen oder ausdrücken. Dabei spielt die Art der Lösung für ihn keine wesentliche Rolle – wirtschaftlich nicht, so lange er sich die Lösung leisten kann, und technisch nur dann, wenn die Faszination der Technologie auf ihn abzufärben verspricht: wie die „PS“ des Autos früher oder die Megahertz(en) des Laptops heute.

Nicht die Beschaffenheit einer Lösung, die in ihr enthaltene technische Eleganz und Ingenieurs-Kunst, sondern allein das Ergebnis zählt. Und das soll gefallen. Das war früher, unter den Bedingungen industriell gefertigter Serialität, allenfalls an der Oberfläche möglich. Die digitalen Produkte der Network Economy erlauben dagegen eine sehr viel weiter gehende Differenzierung, ja Individualisierung. In der digitalen Manufaktur der Zukunft werden Produkte „on demand“, also den Wünschen des Kunden entsprechend gefertigt – wenn er nicht selbst daran beteiligt wird (Strato „Baukasten“).

Der Trend, der sich in diesem Phänomen zeigt, geht weit über die darin erkennbare Partikularisierung der Wirtschaft und die Personalisierung der Produkte hinaus. Er verweist auf einen rasant zunehmenden Wunsch nach Selbstbestimmung, deren Kehrseite - eine ebenso dramatisch zunehmende Selbstverantwortung des Einzelnen - allerdings bislang noch kaum Beachtung findet. Was im gesellschaftlichen Diskurs noch nicht einmal thematisiert wird, findet auf der konvergenten technischen Plattform des Informationszeitalters bereits täglich statt: Interaktion und Personalisierung. Und damit wird der Kunde in der vernetzten Wirtschaft auf einmal wieder, was er angeblich schon so lange ist: ein „König“. Nur weiß er davon (noch) nichts. Doch über kurz oder lang wird er es merken und sich seiner Macht bewusst werden.

Und die Wirtschaft wird sich mit diesem neuen Kunden anfreunden müssen. Dabei muss sie zunächst einmal lernen, Kunden nicht juristisch zu bekämpfen, wie es die Musik-Industrie versucht(e), sondern die Wünsche ihres Kunden, d. h. auch seine Gewohnheiten, Denkweisen und Vorlieben, zu verstehen, um ihm entsprechende Angebote zu machen. Jedes einzelne Unternehmen muss also wirklich bereit und in der Lage sein zu lernen und seine Kunden zu verstehen, will es nicht sang- und klanglos von der Bühne zu verschwinden.

Wer diese neue Rollenverteilung aber verstanden hat, wer sie mit eigenen Informationen und Inhalten ebenso bereichert wie mit neuen Sichtweisen und Dienstleistungen, dem ist kommunikativer und kommerzieller Erfolg so gut wie sicher. So hat Apple aus einer „Musik-Strategie“ innerhalb von 2 Jahren ein Milliarden-Geschäft gemacht!

Diese Übereinstimmung des Angebots mit dem Interesse des Nutzers und Kunden – das sog. „Match-Making“ - ist der wesentliche Erfolgsfaktor jeder Strategie im Internet.

Je genauer beide Elemente, Angebot und Interesse, übereinstimmen, desto ergiebiger wird der Kommunikationsprozeß sich für die Teilnehmer und desto gewinnbringender wird er sich für die Anbieter darstellen.

Im Zuge dieser Entwicklung werden sich auch die Grenzen heute angeblich noch streng voneinander getrennter Marktsegmente auflösen. „B2B“ + „B2C“ sind kein Widerspruch mehr: bei beiden geht es um die Persönlichkeit des Kommunikations- bzw. Geschäftspartners: und die bleibt die gleiche, ob er das Internet im Unternehmen oder zu Hause, für private oder geschäftliche Interessen nutzt. So ist es für Strato eigentlich egal, ob auf einem Linux-Server eine Spiel-Community gehostet wird oder ein Online-Shop – vorausgesetzt der Kunde findet in jedem Fall genau, was er will.

Wir beobachten also eine Ausdifferenzierung der Nutzung bei einer gleichzeitigen Konvergenz der Märkte und der Technologien auf der Grundlage der Internet-Architektur.
Und damit wird das Internet tatsächlich zum "Hyper-Medium" des Informationszeitalters, zu einem Medium also, das alle Funktionen der ursprünglich getrennten Medien Web, Fernsehen und Telefon in sich vereinigt und durch diese Kombination weit über deren Möglichkeiten hinausgeht.

Das ist ein sich selbst verstärkender Prozeß – ein "Feed-Back-Loop, wie die Kybernetiker sagen würden. Und der führt uns auf direktem Wege in die "vernetzte Wirtschaft", in die "Network Economy" des Informationszeitalters, deren Grundlagen Robert Metcalfe, der Erfinder des Ethernet und Gründer von 3COM, beschrieben hat.

Sein ökonomisches "Gesetz" beschreibt den wachsenden Wert, und den damit wachsenden Gewinn einer Investition in vernetzte Umgebungen:

Der Wert eines Netzes steigt quadratisch im Verhältnis zu Größe des Netzwerks.

Je mehr Nutzer ein Netzwerk also zählt, desto wertvoller wird der Zugang zu diesem Netz. Und je mehr vernetzte Einheiten dadurch in diesem Netzwerk verbunden sind, desto höher ist der Wert jeder einzelnen vernetzten Einheit ( -> Beispiel: exponentielles Wachstum!).

Grundlage der Bemessung ist also nicht mehr die klassische "Wertschöpfungskette", Produzent – Distributor – Händler - Endkunde, sondern etwas, daß ich als "Wertschöpfungsnetz" bezeichne: es handelt sich dabei um ein komplexes Geflecht, einem natürlichen Öko-System ähnlicher als einer von Menschen erdachten Struktur, in dem Hersteller und Lieferanten, Dienstleister und Kunden, wechselseitig, also auch in durchaus wechselnden Rollen und Funktionen, miteinander verbunden sind.

In einem solchen Wertschöpfungsnetz tritt auch der inzwischen bekannte „Netzwerk-Effekt“ auf: mit jedem neuen Nutzer steigt nicht nur der Wert, sondern auch die Attraktivität des Netzwerks, was zusätzlich zum exponentiellen Wachstum beiträgt. Beispiele wie eBay oder Google belegen das eindrucksvoll: die Suchmaschine sortiert das „Ranking“ der gefundenen Websites nach der Anzahl der Links, die auf sie verweisen – und wurde damit zur attraktivsten Suchmaschine im Web und kürzlich zum „heißesten Internet-IPO“ seit Netscape. Das Auktionshaus eBay steigert mit jedem neuen Nutzer und Anbieter nicht nur die Attraktivität des virtuellen Flohmarkts, sondern auch den Wert des eigenen Unternehmens.

Auf solch fundamentale Veränderungen müssen sich die Unternehmen erst noch einstellen. Funktionieren wird das nur, wenn wir alle lernen, die Digitale Ökonomie des Netzes zu verstehen und entsprechend zu handeln. Oder wie der Intel-CEO Craig Barret einmal sagte:
"The Internet Economy forces your business to function differently."

All diese Anforderungen kann kein Unternehmen allein erfüllen, schon gar nicht im Zeitalter der Network Economy. Chancen ergeben sich hier nur durch die bestmögliche Vernetzung mit möglichst vielen der besten an der Wertschöpfung beteiligten Unternehmen. Dabei muss aber jedes Unternehmen lernen, das Internet zu seinem eigenen wirtschaftlichen Vorteil zu nutzen. Und das geht in der vernetzten Wirtschaft nur, wenn der Kunde das als seinen eigenen Vorteil erkennt.

Nur wer diesen Zusammenhang heute schon versteht, ist auch in der Lage die richtigen Entscheidungen für die vernetzte Zukunft in seinem Unternehmen zu treffen. Und er wird morgen in der Lage sein, dieser Entwicklung nicht nur zu folgen, sondern davon zu profitieren. Vernetzung wird also von einer technischen zu einer strategischen Aufgabe von höchster Priorität.

Ich habe mich dabei immer von einem Wort des Schweizer Marketing-Gurus Franz Sprecher leiten lassen, das ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:

“Wenn Sie heute eine Vision haben, werden Sie morgen ein Geschäft daraus machen. Wenn nicht, werden Sie morgen überhaupt keine Geschäfte mehr machen.”

In diesem Sinne bleibt mir nur, Ihnen allen viel Erfolg in der Internet-Wirtschaft zu wünschen.

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